Verfügung über Nachlassimmobilien bei Wiederverheiratungsklausel

  1. Enthält ein Testament eine Wiederverheiratungsklausel in Form der bedingten Nacherbfolge, so ist der überlebende Ehegatte zunächst Vollerbe und bleibt es auch, wenn er nicht heiratet; daneben ist er allerdings auch bedingter Vorerbe. Ergibt wie hier die Auslegung, dass keine Befreiung angeordnet ist, so ist für eine Veräußerung die Zustimmung (sämtlicher) Abkömmlinge als Nacherben in Form des § 29 GBO erforderlich.
  2. Liegen die Zustimmungserklärungen der bekannten Nacherben in der Form des § 29 GBO vor, so ist im Hinblick auf mögliche unbekannte Nacherben nicht zwingend ein Pfleger zu bestellen. Der Nachweis des Fehlens weiterer (unbekannter) Nacherben kann auch durch ein anderes Beweismittel erbracht werden, so z.B. durch eine eidesstattliche Versicherung der Vorerbin, dass aus ihrer Verbindung mit dem Erblasser (neben dem bekannten Sohn als Nacherben) keine weiteren gemeinschaftlichen Abkömmlinge hervorgegangen sind.

OLG Köln, Beschluss vom 10.11.2016 – 2 Wx 534/16

Vollstreckung einer Verurteilung zur Aufnahme eines notariellen Verzeichnisses

  1. Die Verpflichtung, durch ein notarielles Verzeichnis Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen, ist insgesamt durch die Festsetzung von Zwangsgeld bzw.
    Zwangshaft gemäß § 888 ZPO zu vollstrecken. Sie kann nicht in die gemäß § 887 ZPO zu vollstreckende Auftragserteilung an den Notar und die gemäß § 888 ZPO zu vollstreckende Mitwirkung bei der Aufnahme des Verzeichnisses aufgespalten werden.
  2. Hängt die vorzunehmende Handlung nicht nur vom Willen des Schuldners, sondern auch von der Bereitschaft eines Dritten ab, obliegt es dem Schuldner, dessen Handlung mit der gebotenen Intensität einzufordern und die ihm zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, den Dritten zu einer Mitwirkung zu bewegen. Dazu gehört auch eine Beschwerde gemäß § 15 Abs. 2 BNotO, wenn der Notar sich entgegen § 15 Abs. 1 BNotO weigert, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2016 –  I-7 W 67/16

Ersuchen an das Nachlassgericht zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers

Trifft ein Erblasser in einem notariellen Testament die Anordnung einer Testamentsvollstreckung und formuliert sodann: „Die Bestimmung des Testamentsvollstreckers erfolgt gesondert privatschriftlich.“, so liegt hierin kein Ersuchen an das Nachlassgericht zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers gemäß § 2200 BGB.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 20. September 2016 – 20 W 158/16

Wirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testaments bei nicht datierter Unterzeichnung eines der Ehegatten

Ein Ehegattentestament ist auch dann wirksam, wenn einer der Ehegatten das Testament geschrieben und der andere Ehegatte das Testament ausschließlich undatiert unterschrieben hat. Ausreichend ist, dass aus dem Text heraus ersichtlich ist, dass es sich um eine gemeinsame Erklärung der Ehegatten handelt, von der jeder der beiden Ehegatten sowohl im Zeitpunkt der Errichtung als auch im Zeitpunkt der Unterzeichnung Kenntnis hat und beide Ehegatten diese Verfügung auch treffen wollen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. Januar 2017 – 3 Wx 55/16

Zur Bestimmtheit einer Alleinerbenanordnung

Verfügen die Erblasser in einem gemeinsamen handschriftlichen Testament, dass „derjenige, der den zuletzt verstorbenen Ehegatten begleitet und gepflegt hat“
Alleinerbe sein soll, so liegt hierin mangels hinreichender Bestimmtheit keine wirksame Erbeinsetzung des Erblassers.

OLG Köln, Beschluss vom 14. November 2016 — 2 Wx 536/16

Grundbuchberichtigung nach Tod eines BGB-Gesellschafters

Für die Grundbuchberichtigung nach dem Tod eines im Grundbuch eingetragenen GbR-Gesellschafters bedarf es keiner Vorlage des Gesellschaftsvertrags, wenn die Erbfolge in der Form des § 35 GBO nachgewiesen ist und sowohl die Erben als auch
die weiteren im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter die Berichtigung gemäß §§ 19, 29 Abs. 1 Satz 1 GBO bewilligen.

KG, Beschluss vom 29.03.2016 – 1 W 907/15
§§ 19, 22 Abs. 1 Satz 1, 727, 1922 Abs. 1 BGB

Der Zugangsanspruch der Erben zum Benutzerkonto des Erblassers in sozialen Netzwerken

Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks geht der Nutzungsvertrag grundsätzlich nach § 1922 BGB auf dessen Erben über. Dem Zugang zu
dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten
stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das
Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen.

BGH, Urteil vom 12. Juli 2018 – III ZR 183/17
BGB § 1922 Abs. 1; § 307 Abs. 1 und 2 Cl; TKG § 88; DS-GVO Art. 6 Abs. 1

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs waren widersprüchliche Entscheidungen des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts vorangegangen.

Pflicht des Erben zur Prüfung der Kontoauszüge des Erblassers der letzten 10 Jahre

1. Besteht der Verdacht, dass ein Erblasser im maßgeblichen Zehn-Jahres-Zeitraum Zuwendungen von seinem Bankkonto oder seinem Depot schenkungsweise an Dritte erbracht hat, so ist der Erbe verpflichtet, von seinem Auskunftsrecht gegenüber der Bank Gebrauch zu machen, um eventuelle Zuwendungsempfänger zu ermitteln.

2. Zu den vom Erben anzustellenden Ermittlungen gehört insbesondere auch die Einsichtnahme in die (vollständigen) Kontoauszüge, Sparbücher oder vergleichbare Bankunterlagen für einen Zehn-Jahres-Zeitraum und die Zusammenstellung der einen bestimmten Betrag übersteigenden Verfügungen über die ermittelten Konten, soweit diesen Schenkungen oder sonstige Zuwendungen zugrunde liegen (könnten).

3. Aufwandsentschädigungen der Banken in Höhe von insgesamt 1.500,00 € sind angesichts des in Rede stehenden Zehn-Jahres- Zeitraums nicht unverhältnismäßig.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 26. Januar 2016 – 19 W 78/15

Anrechnung einer Erbschaft als Einkommen bei Sozialhilfe nach SGB II

1. Bei der Anrechnung von Einkommen aus einer während des laufenden SGB II Leistungsbezugs angefallenen Erbschaft sind die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen. Hierzu zählen auch die vom Leistungsempfänger getragenen Beerdigungskosten (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II in Verbindung mit § 1968 BGB).

2. Bei einmaligem Einkommen beginnt der Verteilzeitraum gem. § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB II auch dann am ersten Tag des auf den Einkommenszufluss folgenden Monats, wenn der Einkommenszufluss dem SGB II Leistungsträger erst so spät bekannt wird, dass eine Berücksichtigung auch im Folgemonat nicht mehr möglich ist (entgegen LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2014 – L 2 AS 2373/13 Revision anhängig beim BSG – B 4 AS 32/14 R).

3. Führt die Anrechnung von einmaligem Einkommen zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit für den gesamten Verteilzeitraum, sind etwaige nach Ablauf des Verteilzeitraums noch vorhandene finanzielle Mittel für den sich anschließenden neuen Leistungsfall nicht mehr als Einkommen, sondern als Vermögen zu berücksichtigen.

4. Beruft sich ein Antragsteller nach Zufluss von einmaligem Einkommen (hier: Erbschaft) auf fehlende sog. „bereite Mittel“, trägt er selbst die Darlegungs- und Beweislast für den Verbleib bzw. Verbrauch des Einkommens.

5. Die Verwendung eines Teilbetrags von 5.800 € aus einer während des laufenden SGB II Leistungsbezugs angefallenen Erbschaft für die Anschaffung von mehreren hundert Blu-Ray Filmen bietet Anlass zur Prüfung eines Schadensersatzanspruchs
nach § 34 SGB II.

6. Es wird offengelassen, ob der Rechtsauffassung zu folgen ist, wonach die Rechtsprechung des BSG zur Hilfebedürftigkeit wegen fehlender „bereiter Mittel“ für die seit 01.04,2011 geltende Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II nicht mehr maßgeblich sein soll (vgl. hierzu: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.0 2.2014 – L 15 AS 437/13 B).

7. Der im PKH Recht geltende allgemeine Vermögensfreibetrag nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII beträgt 2,600 €.

LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09.02.2015 – L 11 AS 1352/14 B ER
§§ 9, 11 Abs. 3, 11b, 34 SGB II; § 115 ZPO; §§ 73a, 86b SGG

Verpflichtung des Erben zur Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses bei notleidenden Nachlässen

Reicht der Nachlass nicht aus, um die Kosten für ein notarielles Nachlassverzeichnis zu decken, so kann der Erbe die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verweigern. Er ist gemäß § 2314 Abs. 2 BGB nicht dazu verpflichtet, ein notarielles Nachlassverzeichnis auf eigene Kosten in Auftrag zu geben.

LG Amberg, Urteil vom 17. Dezember 2015 – 12 O 297/15

Übernahmepflicht von Bestattungskosten nach Sozialhilferecht

Nicht in jedem Fall muss das Sozialamt die Beerdigungskosten/ Bestattungskosten übernehmen, wenn der Hinterbliebene bedürftig ist.

1. Ein potenzieller Erbe kann trotz Ausschlagung des Erbes nach landesrechtlichen Vorschriften zur Bestattung verpflichtet sein.
2 . Die Erbausschlagung bewirkt, dass die Erbschaft als von Anfang an nicht angefallen gilt. Ein eventueller Nachlasswert steht deshalb dem zur Bestattung Verpflichteten zu keinem Zeitpunkt als „bereites Mittel“ zur Bestreitung der Bestattungskosten zur Verfügung.
3. Der Sozialhilfeträger muss einen Erbverzicht als zivilrechtliches Gestaltungsrecht des Hilfesuchenden nicht in jedem Fall zu Lasten der Allgemeinheit gänzlich hinnehmen (Anschluss an Bay. LSG v. 30.07.2015 – L 8 SO 146/15 B ER). Zu prüfen ist dann, ob von dem Hilfesuchenden unter sittlichen Aspekten erwartet werden muss, dass dieser vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe einen ihm angetragenen oder angefallenen Vermögenserwerb wahrnimmt. Eine solche Prüfung muss aber zurückhaltend und unter Beachtung bestehender gesetzlicher Wertungen wie den Vorschriften zum Einkommens- und Vermögenseinsatz erfolgen.

SG Karlsruhe, Urt. v. 30.10.2015 – S 1 SO 1842/15
§§ 2 Abs. 1, 74, 98 SGB XlI; § 31 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 des Bestattungsgesetzes des Landes Baden-Württemberg

Bindung des Grundbuchamtes an Testamentsvollstreckerzeugnis

Sind im Testamentsvollstreckerzeugnis keine Abweichungen vom gesetzlichen Umfang der Befugnisse angegeben, hat das Grundbuchamt in aller Regel ohne eigene Sachprüfung davon auszugehen, dass Einschränkungen der gesetzlichen Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nicht bestehen.

OLG München, Beschluss vom 16.11.2015 – 34 Wx 178/15
§§ 2205, 2208, 2216, 2217, 2368 BGB; § 35 Abs. 2 GBO

Vererblichkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs bei Tod des Beamten

Bei Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Tod des Beamten entsteht ein unmittelbar aus Art. 7 Abs. 2 der RL 2003/88/EG abzuleitender, vererblicher Anspruch auf Abgeltung nicht genommenen Urlaubs. Ein solcher Abgeltungsanspruch entsteht nur im Hinblick auf die unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaubsdauer, nicht aber auch im Hinblick auf durch nationale Bestimmungen – wie etwa § 125 Abs. 1 SGX IX – gewährleistete weitergehende Urlaubsansprüche.
VG Karlsruhe, Urteil vom 16.07.2015 – 3 K 24/15
Artikel 7 Absatz 2 der RL 2003/88/EG

Kosten eines Feuerwehreinsatzes – Zustandshaftung bei Zwangserbschaft des Fiskus

Das Land Niedersachsen kann als Zwangserbe eines Grundstücks nicht die Dürftigkeitseinrede des § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB geltend machen, wenn es wegen einer nach dem Erbfall eingetretenen Störung als Zustandsstörer in Anspruch
genommen wird, da die Kosten dieser Inanspruchnahmen Eigenverbindlichkeiten des Erben und keine Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1967 BGB darstellen.
VG Hannover, Urteil vom 03.09.2015 – 10 A 6190/13
§§ 1967, 1990 BGB; §§ 29 Absatz 4 Nr. 3, 29 Absatz 2 Nr. 3 BrandSchG ND

Gewährung rechtlichen Gehörs durch das Grundbuchamt vor der Löschung eines Nacherbenvermerks

Dem Nacherben ist vor der Löschung eines Nacherbenvermerks im Grundbuch auch dann rechtliches Gehör zu gewähren, wenn ein ernsthaftes Bestreiten der Entgeltlichkeit der Verfügung bei entsprechender Würdigung der Person des Käufers nicht in Betracht kommt.
OLG Bamberg, Beschluss vom 22.01.2015 – 3 W 3/15
§§ 2113 Abs. 2 Satz 1 BGB, Artikel 103 Absatz 11 GG