Verpflichtung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung bei notariellem Nachlassverzeichnis

Auch bei einem notariellen Nachlassverzeichnis nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BatzB kann eine Verpflichtung des Erben zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung nach § 260 Abs. 2 BGB bestehen. Gegenstand der Versicherung ist dann nicht das Verzeichnis als Gesamtheit, sondern die Angaben, die der Notar als solche des auskunftspflichtigen Erben gekennzeichnet in das Verzeichnis aufgenommen hat.

Kammergericht Urteil vom 12.06.2014 – 1 U 32/13

Entlassung eines Testamentsvollstreckers wegen erheblich verzögerter Erstellung eines Nachlassverzeichnisses

  1. Auch die zunächst pflichtwidrig verweigerte und erst verspätet auf gerichtlichen Hinweis erfolgte Anfertigung eines Nachlassverzeichnisses kann sich nach den Umständen des Einzelfalls noch nicht als grobe Pflichtverletzung eines Testamentsvollstreckers i.S.v. § 2227 BGB darstellen.
  2. Im Rahmen des gerichtlichen Ermessens nach § 2227 BGB kann auch bei grober Pflichtverletzung von der beantragten Entlassung des Testamentsvollstreckers abgesehen werden, wenn dem Erblasser die Testamentsvollstreckung gerade durch die fragliche Person besonders wichtig war, persönliche Auseinandersetzungen zwischen ihr und den (übrigen) Erben für den Erblasser voraussehbar waren und
    prognostisch eine besondere Gefährdung der Erben durch die weitere Tätigkeit des Testamentsvollstreckers nicht zu erwarten ist.

Oberlandesgericht Schleswig, Beschluss vom 01.12.2015 – 3 Wx 42/15

Ansprüche des Untervermächtnisnehmers gegenüber dem Hauptvermächtnisnehmer und dem Vermächtnisvollstrecker

Die Vorschriften über die Testamentsvollstreckung sind auf die Vermächtnisvollstreckung gern. § 2223 BGB überwiegend entsprechend anwendbar, sodass für die Geltendmachung des Anspruchs aus einem Untervermächtnis nebeneinander sowohl der Hauptvermächtnisnehmer als auch der Vermächtnisvollstrecker passivlegitimiert sind. Hat der Vermächtnisvollstrecker den Vermächtnisgegenstand an den Hauptvermächtnisnehmer herausgegeben, kann der Untervermächtnisnehmer seinen Anspruch ausschließlich gegen den Hauptvermächtnisnehmer geltend machen, § 2217 BGB analog.
Der Vermächtnisvollstrecker haftet für Pflichtverletzungen gemäß den §§ 2223, 2219 sowohl gegenüber dem Hauptvermächtnisnehmer als auch gegenüber dem Untervermächtnisnehmer persönlich.

Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 23. Februar 2016 — 2 U 18/15

Die internationale Zuständigkeit in Erbsachen bei „Grenzpendlern“

Seit Inkrafttreten der EU-ErbVO richtet sich die internationale Zuständigkeit in Nachlasssachen bei sog. Grenzpendlern nach Art. 4 ff EuErbVO, d. h. es kommt für die Zuständigkeit auf den letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers an. Zur Bestimmung
des letzten gewöhnlichen Aufenthaltsortes sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, insbesondere die Eingliederung der Familie des Erblasses in den Mitgliedsstaat gemäß der Erwägungsgründe 23 und 24 der EuErbVO. Auf Grundlage dieser äußeren Umstände ist es bei einem Grenzpendler möglich, dass dieser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte, obwohl ein offizieller Wohnsitz im Inland nicht existiert. In diesem Fall bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach nationalem Recht, § 343 Abs. 2 FamFG, sodass der letzte gewöhnliche Aufenthalt im Inland entscheidend ist.

Kammergericht, Beschluss vom 26. April 2016 — 1 AR 8/16

Voraussetzungen einer Volljährigenadoption

  1. Die sittliche Rechtfertigung für die Volljährigenadoption ist Gegenstand einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls. Dabei kommt es auf die Herstellung eines echten Eltern-Kind-Verhältnisses an, das seinem ganzen Inhalt nach dem durch die natürliche Abstammung geschaffenen familiären Band ähnelt. Verbleiben nach Abwägung aller in Betracht kommenden Umstände begründete Zweifel an der sittlichen Rechtfertigung ist der Antrag auf Annahme abzulehnen.
  2. Die Begründung eines solchen Eltern-Kind-Verhältnisses kommt regelmäßig dann nicht in Betracht, wenn eine ungestörte, intakte Beziehung des Anzunehmenden zu mindestens einem leiblichen Elternteil besteht, soweit nicht dieser Elternteil Lebensgefährte oder Lebensgefährtin des Annehmenden ist, und zwischen Annehmenden und Anzunehmenden kein der natürlichen Generationenfolge entsprechender Altersunterschied (hier: 61 Jahre) besteht.

OLG Bremen, Beschl. v. 09.11.2016 – 4 UF 108/16

Verfügung über Nachlassimmobilien bei Wiederverheiratungsklausel

  1. Enthält ein Testament eine Wiederverheiratungsklausel in Form der bedingten Nacherbfolge, so ist der überlebende Ehegatte zunächst Vollerbe und bleibt es auch, wenn er nicht heiratet; daneben ist er allerdings auch bedingter Vorerbe. Ergibt wie hier die Auslegung, dass keine Befreiung angeordnet ist, so ist für eine Veräußerung die Zustimmung (sämtlicher) Abkömmlinge als Nacherben in Form des § 29 GBO erforderlich.
  2. Liegen die Zustimmungserklärungen der bekannten Nacherben in der Form des § 29 GBO vor, so ist im Hinblick auf mögliche unbekannte Nacherben nicht zwingend ein Pfleger zu bestellen. Der Nachweis des Fehlens weiterer (unbekannter) Nacherben kann auch durch ein anderes Beweismittel erbracht werden, so z.B. durch eine eidesstattliche Versicherung der Vorerbin, dass aus ihrer Verbindung mit dem Erblasser (neben dem bekannten Sohn als Nacherben) keine weiteren gemeinschaftlichen Abkömmlinge hervorgegangen sind.

OLG Köln, Beschluss vom 10.11.2016 – 2 Wx 534/16

Vollstreckung einer Verurteilung zur Aufnahme eines notariellen Verzeichnisses

  1. Die Verpflichtung, durch ein notarielles Verzeichnis Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen, ist insgesamt durch die Festsetzung von Zwangsgeld bzw.
    Zwangshaft gemäß § 888 ZPO zu vollstrecken. Sie kann nicht in die gemäß § 887 ZPO zu vollstreckende Auftragserteilung an den Notar und die gemäß § 888 ZPO zu vollstreckende Mitwirkung bei der Aufnahme des Verzeichnisses aufgespalten werden.
  2. Hängt die vorzunehmende Handlung nicht nur vom Willen des Schuldners, sondern auch von der Bereitschaft eines Dritten ab, obliegt es dem Schuldner, dessen Handlung mit der gebotenen Intensität einzufordern und die ihm zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, den Dritten zu einer Mitwirkung zu bewegen. Dazu gehört auch eine Beschwerde gemäß § 15 Abs. 2 BNotO, wenn der Notar sich entgegen § 15 Abs. 1 BNotO weigert, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2016 –  I-7 W 67/16

Ersuchen an das Nachlassgericht zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers

Trifft ein Erblasser in einem notariellen Testament die Anordnung einer Testamentsvollstreckung und formuliert sodann: „Die Bestimmung des Testamentsvollstreckers erfolgt gesondert privatschriftlich.“, so liegt hierin kein Ersuchen an das Nachlassgericht zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers gemäß § 2200 BGB.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 20. September 2016 – 20 W 158/16

Wirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testaments bei nicht datierter Unterzeichnung eines der Ehegatten

Ein Ehegattentestament ist auch dann wirksam, wenn einer der Ehegatten das Testament geschrieben und der andere Ehegatte das Testament ausschließlich undatiert unterschrieben hat. Ausreichend ist, dass aus dem Text heraus ersichtlich ist, dass es sich um eine gemeinsame Erklärung der Ehegatten handelt, von der jeder der beiden Ehegatten sowohl im Zeitpunkt der Errichtung als auch im Zeitpunkt der Unterzeichnung Kenntnis hat und beide Ehegatten diese Verfügung auch treffen wollen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. Januar 2017 – 3 Wx 55/16

Zur Bestimmtheit einer Alleinerbenanordnung

Verfügen die Erblasser in einem gemeinsamen handschriftlichen Testament, dass „derjenige, der den zuletzt verstorbenen Ehegatten begleitet und gepflegt hat“
Alleinerbe sein soll, so liegt hierin mangels hinreichender Bestimmtheit keine wirksame Erbeinsetzung des Erblassers.

OLG Köln, Beschluss vom 14. November 2016 — 2 Wx 536/16

Grundbuchberichtigung nach Tod eines BGB-Gesellschafters

Für die Grundbuchberichtigung nach dem Tod eines im Grundbuch eingetragenen GbR-Gesellschafters bedarf es keiner Vorlage des Gesellschaftsvertrags, wenn die Erbfolge in der Form des § 35 GBO nachgewiesen ist und sowohl die Erben als auch
die weiteren im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter die Berichtigung gemäß §§ 19, 29 Abs. 1 Satz 1 GBO bewilligen.

KG, Beschluss vom 29.03.2016 – 1 W 907/15
§§ 19, 22 Abs. 1 Satz 1, 727, 1922 Abs. 1 BGB

Der Zugangsanspruch der Erben zum Benutzerkonto des Erblassers in sozialen Netzwerken

Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks geht der Nutzungsvertrag grundsätzlich nach § 1922 BGB auf dessen Erben über. Dem Zugang zu
dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten
stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das
Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen.

BGH, Urteil vom 12. Juli 2018 – III ZR 183/17
BGB § 1922 Abs. 1; § 307 Abs. 1 und 2 Cl; TKG § 88; DS-GVO Art. 6 Abs. 1

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs waren widersprüchliche Entscheidungen des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts vorangegangen.

Pflicht des Erben zur Prüfung der Kontoauszüge des Erblassers der letzten 10 Jahre

1. Besteht der Verdacht, dass ein Erblasser im maßgeblichen Zehn-Jahres-Zeitraum Zuwendungen von seinem Bankkonto oder seinem Depot schenkungsweise an Dritte erbracht hat, so ist der Erbe verpflichtet, von seinem Auskunftsrecht gegenüber der Bank Gebrauch zu machen, um eventuelle Zuwendungsempfänger zu ermitteln.

2. Zu den vom Erben anzustellenden Ermittlungen gehört insbesondere auch die Einsichtnahme in die (vollständigen) Kontoauszüge, Sparbücher oder vergleichbare Bankunterlagen für einen Zehn-Jahres-Zeitraum und die Zusammenstellung der einen bestimmten Betrag übersteigenden Verfügungen über die ermittelten Konten, soweit diesen Schenkungen oder sonstige Zuwendungen zugrunde liegen (könnten).

3. Aufwandsentschädigungen der Banken in Höhe von insgesamt 1.500,00 € sind angesichts des in Rede stehenden Zehn-Jahres- Zeitraums nicht unverhältnismäßig.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 26. Januar 2016 – 19 W 78/15

Anrechnung einer Erbschaft als Einkommen bei Sozialhilfe nach SGB II

1. Bei der Anrechnung von Einkommen aus einer während des laufenden SGB II Leistungsbezugs angefallenen Erbschaft sind die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen. Hierzu zählen auch die vom Leistungsempfänger getragenen Beerdigungskosten (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II in Verbindung mit § 1968 BGB).

2. Bei einmaligem Einkommen beginnt der Verteilzeitraum gem. § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB II auch dann am ersten Tag des auf den Einkommenszufluss folgenden Monats, wenn der Einkommenszufluss dem SGB II Leistungsträger erst so spät bekannt wird, dass eine Berücksichtigung auch im Folgemonat nicht mehr möglich ist (entgegen LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2014 – L 2 AS 2373/13 Revision anhängig beim BSG – B 4 AS 32/14 R).

3. Führt die Anrechnung von einmaligem Einkommen zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit für den gesamten Verteilzeitraum, sind etwaige nach Ablauf des Verteilzeitraums noch vorhandene finanzielle Mittel für den sich anschließenden neuen Leistungsfall nicht mehr als Einkommen, sondern als Vermögen zu berücksichtigen.

4. Beruft sich ein Antragsteller nach Zufluss von einmaligem Einkommen (hier: Erbschaft) auf fehlende sog. „bereite Mittel“, trägt er selbst die Darlegungs- und Beweislast für den Verbleib bzw. Verbrauch des Einkommens.

5. Die Verwendung eines Teilbetrags von 5.800 € aus einer während des laufenden SGB II Leistungsbezugs angefallenen Erbschaft für die Anschaffung von mehreren hundert Blu-Ray Filmen bietet Anlass zur Prüfung eines Schadensersatzanspruchs
nach § 34 SGB II.

6. Es wird offengelassen, ob der Rechtsauffassung zu folgen ist, wonach die Rechtsprechung des BSG zur Hilfebedürftigkeit wegen fehlender „bereiter Mittel“ für die seit 01.04,2011 geltende Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II nicht mehr maßgeblich sein soll (vgl. hierzu: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.0 2.2014 – L 15 AS 437/13 B).

7. Der im PKH Recht geltende allgemeine Vermögensfreibetrag nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII beträgt 2,600 €.

LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09.02.2015 – L 11 AS 1352/14 B ER
§§ 9, 11 Abs. 3, 11b, 34 SGB II; § 115 ZPO; §§ 73a, 86b SGG