Voraussetzungen des Absehens des Nachweises der Erbfolge durch Vorlage eines Erbscheins

Die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 3 GBO setzt nicht nur die Einhaltung der Wertgrenze für das betreffende Grundstück oder dessen Anteil voraus, sondern verlangt im Interesse der Rechtssicherheit auch, dass die Beschaffung des Erbscheins mit unverhältnismäßigen Aufwand an Kosten und Mühe verbunden ist.
OLG Jena, Beschluss vom 22.10.2014 – 3 W 423/14
§ 35 Abs. 3 GBO

§ 35 GBO
(1) Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins oder des Europäischen Nachlasszeugnisses die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden; erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen.
(2) Das Bestehen der fortgesetzten Gütergemeinschaft sowie die Befugnis eines Testamentsvollstreckers zur Verfügung über einen Nachlassgegenstand ist nur auf Grund der in den §§ 1507, 2368 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Zeugnisse oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses als nachgewiesen anzunehmen; auf den Nachweis der Befugnis des Testamentsvollstreckers sind jedoch die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Zur Eintragung des Eigentümers oder Miteigentümers eines Grundstücks kann das Grundbuchamt von den in den Absätzen 1 und 2 genannten Beweismitteln absehen und sich mit anderen Beweismitteln, für welche die Form des § 29 nicht erforderlich ist, begnügen, wenn das Grundstück oder der Anteil am Grundstück weniger als 3 000 Euro wert ist und die Beschaffung des Erbscheins, des Europäischen Nachlasszeugnisses oder des Zeugnisses nach § 1507 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten oder Mühe möglich ist. Der Antragsteller kann auch zur Versicherung an Eides Statt zugelassen werden.

Erbeinsetzung, bedingt durch Pflege der Tiere des Erblassers

Kommt es im Falle einer durch die Aufnahme von Tieren des Erblassers zur Pflege bedingten Erbeinsetzung nachfolgend nicht zu einer Aufnahme der Tiere, so wird dieser Testamentserbe nicht Erbe, wenn es nach dem Tod des Erblassers zu einer anderweitigen Unterbringung der Tiere kommt und der Testamentserbe trotz Aufnahmemöglichkeit die Aufnahme der Tiere ablehnt, weil sie nunmehr anderweitig gut aufgehoben sind.
AG Lüdinghausen, Beschluss vom 19.08.2015 – 27 VI 230/14
§§ 1922, 2074, 2075, 2353 BGB

Heranziehung von Geschwistern zu Bestattungskosten

Die im NBestattG zugelassene Heranziehung von Geschwistern stellt sich auch im Übrigen nicht als willkürlich und verfassungswidrig dar. Die Bestattungspflicht der Angehörigen einschließlich der Geschwister dient dem ordnungsrechtlichen Zweck, im öffentlichen Interesse die ordnungsgemäße Durchführung der Bestattung Verstorbener zu gewährleisten. Es liegt im öffentlichen Interesse, dass jeder menschliche Leichnam bestattet wird. Die Bestattung dient dazu, Gefahren für die öffentliche Gesundheit und eine Verletzung des in der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) wurzelnden Gebots der Pietät gegenüber Verstorbenen und des sittlichen Empfindens in der Bevölkerung zu verhüten, die typischerweise (abstrakt) durch den fortschreitenden Verwesungsprozess nicht bestatteter menschlicher Leichen drohen.
VG Oldenburg, Urteil vom 10.06.2015 – 5 A 1706/14

Zwangsmittel bei Verzögerungen der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses

1. Die Auskunftsverpflichtung nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB ist auf eine unvertretbare Handlung gerichtet, deren Vollstreckung nach § 888 ZPO zu erfolgen hat, auch wenn die Mitwirkung eines Dritten – hier: des Notars notwendig ist.
2. Zwar fallen Verzögerungen bei der Arbeit der Notariate grundsätzlich nicht den jeweiligen Antragstellern zur Last. Sind diese Antragsteller aber gleichzeitig Schuldner eines Anspruchs – hier; eines Auskunftsanspruchs -, so obliegt es ihnen nicht nur, auf eine zeitnahe Erledigung mit Nachdruck hinzuwirken, sondern bei Erfolglosigkeit dieses Bestrebens gegebenenfalls Rechtsbehelfe gegen den Notar zu ergreifen oder einen anderen Notar zu beauftragen.
OLG Stuttgart Beschluss vom 16.02.2015 – 19 W 67/14

Keine Teilerfüllung des Anspruchs auf ein Bestandsverzeichnis durch Teilauskunft

Teilauskünfte führen nicht zu einer teilweisen Erfüllung des Anspruchs auf ein Bestandsverzeichnis, solange nicht auch die übrigen Teilauskünfte nebst einer Erklärung des Auskunftsschuldners vorliegen, dass diese in ihrer Gesamtheit den Auskunftsanspruch vollständig erfüllen sollen.
BGH, Beschluss vom 22.10.2014 – XII ZB 385/13

Ausschluss des Ehegattenerbrechts durch Scheidungsantrag

Nach § 1933 Satz 1 BGB ist das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Versterbens des Erblassers (in formeller Hinsicht) ein Antrag auf Ehescheidung rechtshängig und (in materiell-rechtlicher Hinsicht) dieser Antrag z. Zt. des Erbfalls begründet war. Eine erst nach Eintritt des Erbfalls erklärte und wirksam gewordene Rücknahme des Ehescheidungsantrags ändert nichts mehr am zuvor bereits kraft Gesetzes eingetretenen Ausschluss des Erbrechts.
OLG Naumburg, Beschluss vom 30.03.2015 – 2 Wx 55/14

Erbunwürdigkeit bei versuchter Tötung einer Geschäftsunfähigen

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass ein Erbe dann erbunwürdig im Sinne des §2339 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, wenn er versucht hat, den Erblasser zu töten und kein Einverständnis des Erblassers mit der Tötung angenommen werden kann.

Der Sohn einer Erblasserin klagte gegen seinen Vater (Beklagter).
Die Erblasserin und der Beklagte hatten ein notarielles Testament errichtet, mit dem sie sich gegenseitig als Alleinerben und den Sohn (Kläger) und dessen zwei Schwestern als gleichberechtigte Schlusserben einsetzten.
Als der Beklagte einen Tötungsversuch unternahm, war die Erblasserin seit 15 Jahre an Alzheimer erkrankt. Die letzten neun Jahre davor lebte sie unter lebenserhaltenden Maßnahmen in einem Pflegeheim, in dem sie ihr Zimmer nicht mehr verlassen konnte und eine verbale Kommunikation mir ihr nicht mehr möglich war. Weiterlesen

Wirksamkeit eines Nottestaments

Die Niederschrift eines Nottestaments ist auch dann wirksam errichtet, wenn die von dem Erblasser allein unterschriebene und genehmigte Erklärung zusammen mit der auf einem gesonderten Blatt von einem Testamentszeugen niedergelegten und von diesem unterschriebenen Erklärung eine einheitliche Urkunde bildet.
OLG München, Beschl. v. 12.05.2015 – 31 Wx 81/15

Anordnung von Vor- und Nacherbfolge nachdem Längstlebenden im Ehegattentestament

1. Die Auslegung der Erbeinsetzung nach dem Längstlebenden in einem privatschriftlichen Ehegattentestament als Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge kommt gerade dann in Betracht, wenn der Grundbesitz den wesentlichen Nachlass ausmacht und dieser Grundbesitz nach dem Willen der Eheleute nach dem Tod ihrer als Erben des Längstlebenden eingesetzten Kinder auf dritte Verwandte übergehen soll.
2. Zur Abgrenzung der Anordnung von Vor- und Nacherbfolge von einem Nachvermächtnis gem. § 2177 BGB, einer Auflage gem. §§ 1940, 2192 ff. BGB und einen unverbindlichen Wunsch der Erblasser.
OLG Schleswig Beschluss vom 23.01.2015 – 3 Wx 110/14

Wirksamkeit der Anfechtung einer Erbeinsetzung durch einen gesetzlichen Erben

1. Eine „irrige Annahme oder Erwartung“ des Erblassers i.S.d. § 2078 Abs. 2 BGB kann nicht nur in positiv vorhandenen Fehlvorstellungen des Erblassers liegen, sondern auch in Erwartungen, die er bei der Testamentserrichtung unbewusst als selbstverständlich vorausgesetzt hat.
2. Eine solche unbewusste Selbstverständlichkeit muss für den letzten Willen nicht nur ursächlich, sondern der den Erblasser maßgeblich bewegende Grund gewesen sein, um die Anfechtung zu rechtfertigen.
OLG Jena, Beschluss vom 14.01.2015 – 6 W 76/14

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Erbschaftsteuer

Die Entscheidung des Monats Dezember 2014 ist sicher die des BUNDESVERFASSUNGSGERICHTs (BVerfG) zur Erbschaftsteuer.

Der BUNDESFINANZHOF (BFH) hielt das aktuelle Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz für verfassungswidrig und legte diese Frage dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 27. September 2012, – II R 9/11 –, vor.
Das BVerfG bestätigte die Ansicht des BFH und erklärte die Erbschaftsteuer in ihrer derzeitigen Fassung in zentralen Punkten für verfassungswidrig. Die Privilegien für Firmenerben seien mit dem Grundgesetz unvereinbar. Den Erben von Firmen, land- und forstwirtschaftliche Unternehmen sowie Kapitalgesellschaften ist es unter bestimmten Voraussetzungen bislang möglich, Steuern zu sparen oder ganz zu vermeiden. Das BVerfG hob hervor, dass der Schutz von Familienunternehmen und Arbeitsplätzen grundsätzlich einen legitimen Sachgrund darstellt, Betriebe teilweise oder vollständig von der Steuer zu befreien. Die Art und Weise sowie das Ausmaß der Steuerbefreiung seien im Verhältnis zu nicht privilegiertem Nachlass aber nicht mit dem Grundrecht der steuerlichen Belastungsgleichheit zu vereinbaren.
Das Gericht gab dem Gesetzgeber bis 30. Juni 2016 Zeit für eine Neuregelung. Bis dahin gelten die bisherigen Regeln fort.

Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 17. Dezember 2014, – 1 BvL 21/12 –

Wer zahlt für die Bestattung – Beerdigung?

Dazu, dass Beerdigungskosten nicht unbedingt von dem zu tragen sind, der für die Bestattung zu sorgen hat, hatte ich bereits ausgeführt. (Beerdigungskosten und Bestattungspflicht)
Aber wer kann in Anspruch genommen werden, wenn die Beerdigung vom Sozialamt veranlasst wird? bzw. Kann man sich dagegen wehren, vom Sozialamt wegen der Beerdigungskosten in Anspruch genommen zu werden?

Das Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein befasst sich mit dieser Frage im Rahmen einer Beschwerde. Der Sohn der Erblasserin führte aus, dass die familiären Verhältnisse schwer gestört gewesen seien und ihm deshalb nicht zugemutet werden könne, die Bestattungskosten zu erstatten. Die Zerrüttung hätte darin bestanden, dass man sich wegen der Nutzung eines Grundstücks derart überworfen habe, dass es zu gegenseitigen polizeilichen Anzeigen und zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kam, das Grundstück rückübertragen wurde und schließlich sogar ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen den Sohn beantragt wurde. Weiterlesen

Einseitige Abänderung eines Berliner Testaments

Lassen Sie sich beraten, ob die einseitige Abänderung bei Ihrem Berliner Testament möglich ist. Denn es kommt darauf an, wie es formuliert ist, welche Änderungen erfolgen sollen und zu welchem Zeitpunkt geändert werden soll, damit eine einseitige Änderung des Berliner Testaments rechtlich bindend möglich ist.
Bereits bei der Errichtung eines Berliner Testamtens sind besonders hohe Anforderungen an eindeutige Formulierungen der erbrechtlichen Verfügungen zu stellen, damit sie nachträglichen rechtlichen Überprüfungen standhalten. Diese Anforderungen bestehen auch hinsichtlich der Abänderung des Berliner Testaments.

Es genügt, wenn Zweifel daran bestehen, ob die Eheleute tatsächlich wollten, dass der Überlebende das gemeinschaftliche Testament einseitig abändern durfte. Solche Zweifel führen zur Auslegung nach §2270 Abs. 2 BGB, nach der von einer Wechselbezüglichkeit und damit einer Bindungswirkung immer dann auszugehen ist, wenn sich Ehegatten gegenseitig bedenken. Eine einseitige Änderung bei Ihrem Berliner Testament wäre dann nicht mehr möglich.

Beschluss des OLG Düsseldorf vom 27. März 2014, – 1-3 Wx 54/13