Verpflichtung des Erben zur Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses bei notleidenden Nachlässen

Reicht der Nachlass nicht aus, um die Kosten für ein notarielles Nachlassverzeichnis zu decken, so kann der Erbe die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verweigern. Er ist gemäß § 2314 Abs. 2 BGB nicht dazu verpflichtet, ein notarielles Nachlassverzeichnis auf eigene Kosten in Auftrag zu geben.

LG Amberg, Urteil vom 17. Dezember 2015 – 12 O 297/15

Übernahmepflicht von Bestattungskosten nach Sozialhilferecht

Nicht in jedem Fall muss das Sozialamt die Beerdigungskosten/ Bestattungskosten übernehmen, wenn der Hinterbliebene bedürftig ist.

1. Ein potenzieller Erbe kann trotz Ausschlagung des Erbes nach landesrechtlichen Vorschriften zur Bestattung verpflichtet sein.
2 . Die Erbausschlagung bewirkt, dass die Erbschaft als von Anfang an nicht angefallen gilt. Ein eventueller Nachlasswert steht deshalb dem zur Bestattung Verpflichteten zu keinem Zeitpunkt als „bereites Mittel“ zur Bestreitung der Bestattungskosten zur Verfügung.
3. Der Sozialhilfeträger muss einen Erbverzicht als zivilrechtliches Gestaltungsrecht des Hilfesuchenden nicht in jedem Fall zu Lasten der Allgemeinheit gänzlich hinnehmen (Anschluss an Bay. LSG v. 30.07.2015 – L 8 SO 146/15 B ER). Zu prüfen ist dann, ob von dem Hilfesuchenden unter sittlichen Aspekten erwartet werden muss, dass dieser vor der Inanspruchnahme von Sozialhilfe einen ihm angetragenen oder angefallenen Vermögenserwerb wahrnimmt. Eine solche Prüfung muss aber zurückhaltend und unter Beachtung bestehender gesetzlicher Wertungen wie den Vorschriften zum Einkommens- und Vermögenseinsatz erfolgen.

SG Karlsruhe, Urt. v. 30.10.2015 – S 1 SO 1842/15
§§ 2 Abs. 1, 74, 98 SGB XlI; § 31 Abs. 1 Satz 1 und 2 i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 des Bestattungsgesetzes des Landes Baden-Württemberg

Bindung des Grundbuchamtes an Testamentsvollstreckerzeugnis

Sind im Testamentsvollstreckerzeugnis keine Abweichungen vom gesetzlichen Umfang der Befugnisse angegeben, hat das Grundbuchamt in aller Regel ohne eigene Sachprüfung davon auszugehen, dass Einschränkungen der gesetzlichen Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers nicht bestehen.

OLG München, Beschluss vom 16.11.2015 – 34 Wx 178/15
§§ 2205, 2208, 2216, 2217, 2368 BGB; § 35 Abs. 2 GBO

Vererblichkeit des Urlaubsabgeltungsanspruchs bei Tod des Beamten

Bei Beendigung des Beamtenverhältnisses durch Tod des Beamten entsteht ein unmittelbar aus Art. 7 Abs. 2 der RL 2003/88/EG abzuleitender, vererblicher Anspruch auf Abgeltung nicht genommenen Urlaubs. Ein solcher Abgeltungsanspruch entsteht nur im Hinblick auf die unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaubsdauer, nicht aber auch im Hinblick auf durch nationale Bestimmungen – wie etwa § 125 Abs. 1 SGX IX – gewährleistete weitergehende Urlaubsansprüche.
VG Karlsruhe, Urteil vom 16.07.2015 – 3 K 24/15
Artikel 7 Absatz 2 der RL 2003/88/EG

Kosten eines Feuerwehreinsatzes – Zustandshaftung bei Zwangserbschaft des Fiskus

Das Land Niedersachsen kann als Zwangserbe eines Grundstücks nicht die Dürftigkeitseinrede des § 1990 Abs. 1 Satz 1 BGB geltend machen, wenn es wegen einer nach dem Erbfall eingetretenen Störung als Zustandsstörer in Anspruch
genommen wird, da die Kosten dieser Inanspruchnahmen Eigenverbindlichkeiten des Erben und keine Nachlassverbindlichkeiten im Sinne von § 1967 BGB darstellen.
VG Hannover, Urteil vom 03.09.2015 – 10 A 6190/13
§§ 1967, 1990 BGB; §§ 29 Absatz 4 Nr. 3, 29 Absatz 2 Nr. 3 BrandSchG ND

Gewährung rechtlichen Gehörs durch das Grundbuchamt vor der Löschung eines Nacherbenvermerks

Dem Nacherben ist vor der Löschung eines Nacherbenvermerks im Grundbuch auch dann rechtliches Gehör zu gewähren, wenn ein ernsthaftes Bestreiten der Entgeltlichkeit der Verfügung bei entsprechender Würdigung der Person des Käufers nicht in Betracht kommt.
OLG Bamberg, Beschluss vom 22.01.2015 – 3 W 3/15
§§ 2113 Abs. 2 Satz 1 BGB, Artikel 103 Absatz 11 GG

Voraussetzungen des Absehens des Nachweises der Erbfolge durch Vorlage eines Erbscheins

Die Anwendbarkeit des § 35 Abs. 3 GBO setzt nicht nur die Einhaltung der Wertgrenze für das betreffende Grundstück oder dessen Anteil voraus, sondern verlangt im Interesse der Rechtssicherheit auch, dass die Beschaffung des Erbscheins mit unverhältnismäßigen Aufwand an Kosten und Mühe verbunden ist.
OLG Jena, Beschluss vom 22.10.2014 – 3 W 423/14
§ 35 Abs. 3 GBO

§ 35 GBO
(1) Der Nachweis der Erbfolge kann nur durch einen Erbschein oder ein Europäisches Nachlasszeugnis geführt werden. Beruht jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genügt es, wenn an Stelle des Erbscheins oder des Europäischen Nachlasszeugnisses die Verfügung und die Niederschrift über die Eröffnung der Verfügung vorgelegt werden; erachtet das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen, so kann es die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses verlangen.
(2) Das Bestehen der fortgesetzten Gütergemeinschaft sowie die Befugnis eines Testamentsvollstreckers zur Verfügung über einen Nachlassgegenstand ist nur auf Grund der in den §§ 1507, 2368 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorgesehenen Zeugnisse oder eines Europäischen Nachlasszeugnisses als nachgewiesen anzunehmen; auf den Nachweis der Befugnis des Testamentsvollstreckers sind jedoch die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 2 entsprechend anzuwenden.
(3) Zur Eintragung des Eigentümers oder Miteigentümers eines Grundstücks kann das Grundbuchamt von den in den Absätzen 1 und 2 genannten Beweismitteln absehen und sich mit anderen Beweismitteln, für welche die Form des § 29 nicht erforderlich ist, begnügen, wenn das Grundstück oder der Anteil am Grundstück weniger als 3 000 Euro wert ist und die Beschaffung des Erbscheins, des Europäischen Nachlasszeugnisses oder des Zeugnisses nach § 1507 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nur mit unverhältnismäßigem Aufwand an Kosten oder Mühe möglich ist. Der Antragsteller kann auch zur Versicherung an Eides Statt zugelassen werden.

Erbeinsetzung, bedingt durch Pflege der Tiere des Erblassers

Kommt es im Falle einer durch die Aufnahme von Tieren des Erblassers zur Pflege bedingten Erbeinsetzung nachfolgend nicht zu einer Aufnahme der Tiere, so wird dieser Testamentserbe nicht Erbe, wenn es nach dem Tod des Erblassers zu einer anderweitigen Unterbringung der Tiere kommt und der Testamentserbe trotz Aufnahmemöglichkeit die Aufnahme der Tiere ablehnt, weil sie nunmehr anderweitig gut aufgehoben sind.
AG Lüdinghausen, Beschluss vom 19.08.2015 – 27 VI 230/14
§§ 1922, 2074, 2075, 2353 BGB

Heranziehung von Geschwistern zu Bestattungskosten

Die im NBestattG zugelassene Heranziehung von Geschwistern stellt sich auch im Übrigen nicht als willkürlich und verfassungswidrig dar. Die Bestattungspflicht der Angehörigen einschließlich der Geschwister dient dem ordnungsrechtlichen Zweck, im öffentlichen Interesse die ordnungsgemäße Durchführung der Bestattung Verstorbener zu gewährleisten. Es liegt im öffentlichen Interesse, dass jeder menschliche Leichnam bestattet wird. Die Bestattung dient dazu, Gefahren für die öffentliche Gesundheit und eine Verletzung des in der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) wurzelnden Gebots der Pietät gegenüber Verstorbenen und des sittlichen Empfindens in der Bevölkerung zu verhüten, die typischerweise (abstrakt) durch den fortschreitenden Verwesungsprozess nicht bestatteter menschlicher Leichen drohen.
VG Oldenburg, Urteil vom 10.06.2015 – 5 A 1706/14

Zwangsmittel bei Verzögerungen der Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses

1. Die Auskunftsverpflichtung nach § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB ist auf eine unvertretbare Handlung gerichtet, deren Vollstreckung nach § 888 ZPO zu erfolgen hat, auch wenn die Mitwirkung eines Dritten – hier: des Notars notwendig ist.
2. Zwar fallen Verzögerungen bei der Arbeit der Notariate grundsätzlich nicht den jeweiligen Antragstellern zur Last. Sind diese Antragsteller aber gleichzeitig Schuldner eines Anspruchs – hier; eines Auskunftsanspruchs -, so obliegt es ihnen nicht nur, auf eine zeitnahe Erledigung mit Nachdruck hinzuwirken, sondern bei Erfolglosigkeit dieses Bestrebens gegebenenfalls Rechtsbehelfe gegen den Notar zu ergreifen oder einen anderen Notar zu beauftragen.
OLG Stuttgart Beschluss vom 16.02.2015 – 19 W 67/14

Keine Teilerfüllung des Anspruchs auf ein Bestandsverzeichnis durch Teilauskunft

Teilauskünfte führen nicht zu einer teilweisen Erfüllung des Anspruchs auf ein Bestandsverzeichnis, solange nicht auch die übrigen Teilauskünfte nebst einer Erklärung des Auskunftsschuldners vorliegen, dass diese in ihrer Gesamtheit den Auskunftsanspruch vollständig erfüllen sollen.
BGH, Beschluss vom 22.10.2014 – XII ZB 385/13

Ausschluss des Ehegattenerbrechts durch Scheidungsantrag

Nach § 1933 Satz 1 BGB ist das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Versterbens des Erblassers (in formeller Hinsicht) ein Antrag auf Ehescheidung rechtshängig und (in materiell-rechtlicher Hinsicht) dieser Antrag z. Zt. des Erbfalls begründet war. Eine erst nach Eintritt des Erbfalls erklärte und wirksam gewordene Rücknahme des Ehescheidungsantrags ändert nichts mehr am zuvor bereits kraft Gesetzes eingetretenen Ausschluss des Erbrechts.
OLG Naumburg, Beschluss vom 30.03.2015 – 2 Wx 55/14

Erbunwürdigkeit bei versuchter Tötung einer Geschäftsunfähigen

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass ein Erbe dann erbunwürdig im Sinne des §2339 Abs. 1 Satz 1 BGB ist, wenn er versucht hat, den Erblasser zu töten und kein Einverständnis des Erblassers mit der Tötung angenommen werden kann.

Der Sohn einer Erblasserin klagte gegen seinen Vater (Beklagter).
Die Erblasserin und der Beklagte hatten ein notarielles Testament errichtet, mit dem sie sich gegenseitig als Alleinerben und den Sohn (Kläger) und dessen zwei Schwestern als gleichberechtigte Schlusserben einsetzten.
Als der Beklagte einen Tötungsversuch unternahm, war die Erblasserin seit 15 Jahre an Alzheimer erkrankt. Die letzten neun Jahre davor lebte sie unter lebenserhaltenden Maßnahmen in einem Pflegeheim, in dem sie ihr Zimmer nicht mehr verlassen konnte und eine verbale Kommunikation mir ihr nicht mehr möglich war. Weiterlesen