Wiederverheiratungsklausel mit Vermächtnis zugunsten der Abkömmlinge des Erstversterbenden

Eine letztwillige Verfügung, die den überlebenden Ehegatten für den Fall der Wiederverheiratung mit einem Vermächtnis zugunsten der Abkömmlinge des Erstversterbenden in Höhe des Wertes des Nachlasses des Erstversterbenden belastet, ist nichtig. Die ergänzende Testamentsauslegung kann in einem solchen Fall jedoch einen Vermächtnisanspruch in einer Höhe ergeben, der dem überlebenden Ehegatten einen Nachlasswert in Höhe des Pflichtteils überlässt.
OLG Saarbrücken, Urteil vom 15.10.2014 – 5 U 19/13

Zur Auslegung gemeinschaftlicher Testamente

Bei der Auslegung gemeinschaftlicher Testamente ist stets zu prüfen, ob ein nach dem Verhalten des einen Ehegatten mögliches Auslegungsergebnis auch dem Willen des anderen Teils entsprochen hat (Bestätigung von BGH, Urt. v.
07.10.1992 – IV ZR 160/91, MJW 1993, 256 unter 2.).
Die Interpretation von letztwilligen Verfügung des Erstversterbenden kann auch von dem Verhalten des Längstlebenden nach dem Tod des Ehegatten bestimmt sein (hier: Erfüllung von Pflichtteilsansprüchen für die Frage, ob dieser als Voll- oder Vorerbe eingesetzt ist).
Erst wenn außerhalb der Urkunde liegende Umstände für die Erforschung des wirklichen Erblasserwillens nicht ausreichen, kann das Gericht gehalten sein, sich auf eine Ausdeutung des Wortlauts zu beschränken (Bestätigung v. BGHZ 86,41 (45)).
BGH, Beschluss vom 10.12.2014 – IV ZR 31/14