Testamentsauslegung: Rangverhältnis zwischen Erfüllung angeordneter Vermächtnisse und Testamentsvollstreckervergütung

1. Die Auslegung eines notariellen Testaments kann ergeben, dass unter den Begriff der „Erbfallschulden“ nicht die Testamentsvollstreckervergütung fällt.
2. Grundsätzlich erfasst der Rechtsbegriff der „Erbfallschulden“ auch die Testamentsvollstreckervergütung. Es können jedoch konkrete Anhaltspunkte bestehen, die die Vermutung entkräften, dass der objektive Erklärungsinhalt dem Willen des Erblassers entspricht, sodass eine Auslegung vorzunehmen ist.
3. Nach der Neuen Rheinischen Tabelle berechnet sich der Vergütungsgrundbetrag der Testamentsvollstreckervergütung aus dem Nachlasswert, multipliziert mit einem von der Tabelle vorgegebenen Prozentwert.

LG München, Endurteil vom 13.06.2022, Leitsatz – 33 U 6666/21

Zur vorsorglichen Bestellung eines weiteren Testamentsvollstreckers

In Ermangelung eines wirksamen Ersuchens des Erblassers, das sich dem Testament – ggf. durch Auslegung – entnehmen lassen muss, kann das Nachlassgericht auch bei Zweifeln an der Amtsführung des derzeitigen Amtsinhabers nicht vorsorglich einen weiteren Testamentsvollstrecker bestellen.

OLG Saarbrücken, Beschluss vom 04.05.2021 – 5 W 52/20
(Leitsatz)

§ 2227 BGB Entlassung des Testamentsvollstreckers: Auslegung des Merkmals „wichtiger Grund“

1. Ob ein wichtiger Grund im Sinne von § 2227 BGB 1. vorliegt, beurteilt sich nach den jeweiligen Umständen des konkreten Einzelfalles. Dabei ist bereits bei der Prüfung eines wichtigen Grundes zwischen dem Interesse an der Beibehaltung im Amt und dem entgegengesetzten Interesse an der Entlassung des Testamentsvollstreckers abzuwägen mit der Folge, dass im Ergebnis nur Gründe eine Entlassung aus dem Amt des Testamentsvollstreckers rechtfertigen, die ein solches Gewicht besitzen, dass sie sich gegenüber den für eine Fortführung des Amtes sprechenden Gründen durchsetzen.

2. Steht die fachliche Eignung des Testamentsvollstreckers außer Frage und wird das Entlassungsgesuch vom Miterben alleine mit dem Vorwurf begründet, der Testamentsvollstrecker habe bei der Verwaltung oder Auseinandersetzung des Nachlasses seine Pflichten verletzt, setzt ein wichtiger Grund im Sinne von § 2227 BGB dreierlei voraus:

a) Die zur Last gelegte Pflichtverletzung muss geeignet sein, die berechtigten Belange des antragstellenden Miterben, namentlich die mit seiner Miterbenstellung verbundenen Vermögensinteressen, zu beeinträchtigen.

b) Die Pflichtverletzung muss zudem schuldhaft begangen worden sein und überdies ein solches Gewicht besitzen, dass sie nach den konkreten Umständen des Falles als eine grobe Verfehlung betrachtet und wertungsmäßig mit der Unfähigkeit des Testamentsvollstreckers zu einer ordnungsgemäßen Ausübung seines Amtes auf eine Stufe gestellt werden kann.

c) Die Abwägung der widerstreitenden Interessen unter Berücksichtigung des mutmaßlichen Willens des Erblassers muss schließlich zu dem Ergebnis führen, dass der. Testamentsvollstrecker aus seinem Amt entfernt werden muss.

d) Im Einzelfall kann die Anwendung dieser Grundsätze dazu führen, dass eine Entlassung aus dem Testamentsvollstreckeramt nur dann verlangt werden kann, wenn der Testamentsvollstrecker bei der Verwaltung und Auseinandersetzung des gesamthänderisch gebundenen Nachlasses zum Nachteil des Antragstellers und in einem Maße grob pflichtwidrig gehandelt hat, dass diesem ein weiteres Tätigwerden des Testamentsvollstreckers nicht zugemutet werden kann.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 07.10.2021 – I-3 Wx 59/21
(Leitsatz)

Entlassung des Testamentsvollstreckers bei Nichtabführung der Erbschaftsteuer

1. In einem vorangegangenen Entlassungsverfahren festgestellte Pflichtverletzungen eines Testamentsvollstreckers gelten in einem späteren Entlassungsverfahren nicht als „verbraucht“.

2. Die fehlende Entrichtung der Erbschaftsteuer nach etwa fünfeinhalb Jahren stellt eine grob fahrlässige Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers dar.

OLG Naumburg, Beschluss vom 23.02.2021 – 2 Wx 31/20
(Leitsatz)

Antrag auf Entlassung eines Testamentsvollstreckers

Ein Miterbe, dessen Anteil der Testamentsvollstreckung unterliegt, kann sowohl einen Antrag auf Entlassung eines Testamentsvollstreckers betreffend seinen eigenen der Testamentsvollstreckung unterworfenen Erbanteil als auch betreffend einen Erbanteil eines weiteren Miterben stellen, der ebenfalls von der Testamentsvollstreckung umfasst ist (Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des Senats: OLG München, Beschluss vom 22.09.2005 – 31 Wx 46/05).

OLG München, Beschluss vom 09.07.2020 – 31 Wx 455/19
(Leitsatz)

Fälligkeit der Vergütung des Testamentsvollstreckers

Die Vergütung des Testamentsvollstreckers ist, soweit nichts anderes vom Erblasser bestimmt ist, erst nach Beendigung des Amtes in einem Betrag zur Zahlung fällig, wenn der Testamentsvollstrecker seine Pflichten, insbesondere seine Pflicht zur Rechnungslegung (§§ 2218, 666 BGB), erfüllt hat.

OLG Köln, Beschluss vom 12.12.2018 – 16 U 129/16
§§ 2218, 2221 BGB

Berechtigung eines Testamentsvollstreckers zur Antragstellung und Beschwerde im Erbscheinsverfahren

1. Der im Testament vom Erblasser benannte Testamentsvollstrecker ist nicht nur berechtigt, neben dem dort eingesetzten Erben im eigenen Namen einen Erbschein auf den Erben gestützt auf dieses Testament zu beantragen, sondern auch berechtigt, gegen die beabsichtige Erteilung eines ein anderes Erbrecht ausweisenden Erbscheins, Beschwerde zu führen; Letzteres selbst dann, wenn ein gegenläufiger Erbscheinsantrag zuvor zurückgewiesen worden ist und der Begünstigte hiergegen eine Beschwerde nicht eingelegt hat.

2. Ein Erbschein kann auf der Basis der allein noch vorhandenen Kopie eines Testaments des Erblassers erteilt werden, wenn feststeht, dass derselben ein wirksames Testament mit dem dort wiedergegebenen Inhalt zugrunde liegt, insbesondere der Erblasser (hier objektiviert durch Zeugen sowie einen zulässigerweise vom Senat selbst vorgenommenen Handschriftenvergleich) das Original des Testaments eigenhändig geschrieben und unterschrieben hat.

3. Zu den (hier vom Senat nicht für gegeben erachteten) Voraussetzungen für die Annahme des Widerrufs eines Testaments seitens des Erblassers durch Vernichtung der Testamentsurkunde.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29.11.2018 – 1-3 Wx 98/17
§ 59 Abs. 1 FamFG; §§ 2247 Abs. 1, 2255 BGB

Schadenersatzanspruch gegen den Testamentsvollstrecker

1. Eine objektive Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers ist nicht bereits deshalb zu bejahen, weil dieser zu seinen Gunsten den ihm seiner Ansicht nach zustehenden Auslagenersatz und die ihm seines Erachtens zustehende Vergütung ohne entsprechende Anordnung des Erblassers, eine mit der Erbengemeinschaft zuvor getroffene Vereinbarung oder vorherige rechtskräftige Feststellung durch ein Prozessgericht zu seinen Gunsten dem Nachlass entnommen hat.

2. Die Teilnahme an Begutachtungen betreffend den Verkehrswert von Nachlassgegenständen fällt in den Zuständigkeitsbereich des Testamentsvollstreckers, wenn dieser vom Erblasser mit der Aufteilung des Nachlasses beauftragt und für den Fall des fehlenden Einvernehmens vom Erblasser eine Begutachtung angeordnet wurde.

3. Die Auslegung eines Testaments kann ergeben, dass der Begriff „Hausrat“ im familienrechtlichen Sinne zu verstehen ist und damit auch ein Pkw dann als Haushaltsgegenstand angesehen werden kann, wenn er von den Ehegatten gemeinschaftlich zum Zwecke der Haushalts- und privaten Lebensführung benutzt wird.

4. Die Beweislast für eine Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers, dessen Verschulden und den Eintritt eines darauf beruhenden Schadens liegt bei demjenigen, der
den Testamentsvollstrecker auf Schadensersatz in Anspruch nimmt.

OLG München, Endurteil v. 15.11.2017 – 20 U 5006/16
§§ 195, 199, 271 Abs. 1, 273, 670, 1006, 2039, 2202, 2219 Abs. 1, 2218 Abs. 1, 2221 BGB; § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO; § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG

Schonvermögen beim Behindertentestament

Mit einem Behindertentestament soll die Teilhabe eines behinderten Kindes am Nachlass gesichert werden, ohne dass dadurch staatliche Unterstützungen gekürzt werden. Dazu ist das Testament so zu gestalten, dass das Schonvermögen des Kindes nicht überschritten wird. Durch Vorerbschaft, Nacherbschaft und Dauertestamentsvollstreckung wird dem Kind die Verfügungsbefugnis über den Nachlass entzogen. Seine Gläubiger, zu denen auch die Sozialkassen gehören, haben keine Möglichkeit in den Nachlass zu vollstrecken, der dem Kind noch nicht zur Verfügung steht. Weiterlesen

Testamentsvollstreckung und die Entlassung eines Testamentsvollstreckers

Ein Erblasser kann in seiner letztwilligen Verfügung eine Testamentsvollstreckung anordnen. Aufgabe eines Testamentsvollstreckers ist es, den Willen des Erblassers umzusetzen. Als Testamentsvollstrecker kann der Erblasser eine konkrete Person und ggf. eine Ersatzperson bestimmen oder die Besetzung dieses Amtes dem Nachlassgericht überlassen. Wird das Amt angenommen, stellt das Nachlassgericht ein Testamentsvollstreckerzeugnis aus.
Die Testamentsvollstreckung ist ein wichtiges Gestaltungselement für Erblasser. Weiterlesen

Ist ein Vermächtnisnehmer berechtigt, Beschwerde dagegen einzulegen, dass die Ernennung eines Testamentsvollstreckers abgelehnt wird

Die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers ist ein wichtiges Gestaltungselement im Erbrecht, um den Erblasserwillen umzusetzen. Die durch Verfügung von Todes wegen zu treffende Anordnung sorgt bei den Erben und sonstigen Hinterbliebenen recht häufig für Unmut. Nicht selten benötigen der Testamentsvollstrecker und die Betroffenen die Unterstützung durch einen Rechtsanwalt für Erbrecht, um sich nach den jeweiligen Rechten und Pflichten zu verhalten. Weiterlesen

Entlassung eines unfähigen Testamentsvollstreckers

§ 2227 BGB regelt, dass das Nachlassgericht den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines Beteiligten entlassen kann, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung.
Die langjährige Dauer einer Abwicklungsvollstreckung kann als Anzeichen der Unfähigkeit des Testamentsvollstreckers gewertet werden – so das Oberlandesgericht Köln. Weiterlesen

Testamentsvollstrecker unterliegen nicht der Aufsicht und Kontrolle des Nachlassgerichtes

Der Beschwerde eines Testamentsvollstreckers gegen das gegen ihn festgesetzte Zwangsgeld wurde vor dem Oberlandesgericht Zweibrücken stattgegeben. Der Testamentsvollstrecker unterliegt nicht der Aufsicht und Kontrolle des Nachlassgerichtes, da sich dessen Rechtsstellung vom Erblasser ableitet. Weiterlesen

Pflichtteilberechtigte besitzen kein Beschwerderecht gegen die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses

Das Oberlandesgericht Celle sah keine Berechtigung eines Pflichtteilberechtigten, gegen einen Vorbescheid über die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses Beschwerde einzulegen. Die Ansprüche eines Pflichtteilsberechtigten sind schuldrechtlicher Natur Weiterlesen