1. Eine für einen Pflichtteilsergänzungsanspruch maßgebliche und den Fristenlauf des § 2325 Abs. 3 S. 3 BGB auslösende Schenkung liegt erst dann vor, wenn der Erblasser nicht nur seine Rechtsstellung als Eigentümer aufgibt, sondern auch darauf verzichtet, den verschenkten Gegenstand im Wesentlichen weiterhin zu nutzen. Dies ist nicht der Fall, wenn eine unentgeltliche Grundstücksüberlassung unter dem Vorbehalt eines lebenslangen Wohnrechts des Erblassers bzw. – im Falle seines Erstversterbens – seiner Ehefrau mit jeweiliger Pflegeverpflichtung und einer durch einen Rückübertragungsanspruch gesicherten Verpflichtung des Erwerbers erfolgt, das Grundstück zu Lebzeiten des Erblassers bzw. im Falle seines Erstversterbens bis zum Tode der Ehefrau nicht zu veräußern oder zu belasten.
2. Für die Beurteilung dieser Rechtsfrage ist es unerheblich, dass sich das Wohnrecht lediglich auf ca. 80% der Nutzfläche des Wohngebäudes bezog; ohne Bedeutung ist auch, ob der Erblasser das ihm eingeräumte Wohnrecht tatsächlich in Anspruch nahm.
OLG Naumburg, Urteil vom 04.08.2022 – 2 U 162/21