Zum Feststellungsinteresse des Sozialhilfeträgers an der Erbenstellung einer Sozialleistungsbezieherin

  1. Das Recht zur Ausschlagung der Erbschaft ist ein allein dem Erben bzw. seinen Rechtsnachfolgern, den Erbeserben, persönlich zustehendes Recht. Ein Sozialhilfeträger kann das Ausschlagungsrecht nicht auf sich überleiten und ausüben. Andernfalls erhielte der Sozialhilfeträger die Möglichkeit, auf die Erbfolge Einfluss zu nehmen, was generell nicht dem Erblasserwillen entspricht und nach dem Gesetz den Bedachten selbst vorbehalten ist.
  2. Gegenstand einer Feststellungsklage kann auch ein Rechtsverhältnis zwischen einer Partei und einem Dritten sein bzw. ein Rechtsverhältnis, an dem der Kläger nicht beteiligt ist. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer solchen Klage ist aber, dass dieses Rechtsverhältnis zugleich für die Rechtsbeziehungen der Prozessparteien untereinander von Bedeutung ist und der Kläger ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Klärung dieser Frage hat. Ausreichend ist eine wenigstens mittelbare Betroffenheit des Klägers.
  3. Die Klage eines Testamentsvollstreckers und die Klage eines Sozialhilfeträgers auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines von einem Erbprätendenten in Anspruch genommenen Erbrechts sind nicht vergleichbar. Der Testamentsvollstrecker hat in diesem Fall ein Feststellungsinteresse, welches aus seinem eigenständigen Recht, den letzten Willen des Erblassers zu verwirklichen und zu verteidigen, folgt. Ein Sozialhilfeträger hat — wie in der diesem Fall zugrundeliegenden Konstellation — aber keine rechtliche Beziehung zum Nachlass.

BGH, Beschluss vom 02.11.2022, Leitsatz – IV ZR 39/22