- Die Frist zur Erbausschlagung beginnt gemäß § 1944 Abs. 2 S. 1 BGB erst mit der Kenntnis über den Anfall der Erbschaft und den Grund der Berufung. Bei mehreren sich widersprechenden, gewillkürten Erbfolgeregelungen stellt jede für sich einen Berufungsgrund dar, über den jeweils für sich genommen falsche Vorstellungen den Beginn der Ausschlagungsfrist hindern können.
- Ein die Kenntnis ausschließender Rechtsirrtum kann auch dann vorliegen, wenn dem Erben die richtige Einschätzung der Rechtslage als mögliche Betrachtungsweise zwar bekannt ist, er selbst aber die Rechtslage anders beurteilt oder sie jedenfalls für zweifelhaft hält.
- Eine Markierung von Nachlassgegenständen ist ein mehrdeutiger Verhaltensakt, sodass es für den Rückschluss auf einen konkludenten Annahmewillen auf die Umstände des Einzelfalls ankommt.
- § 1948 Abs. 2 BGB schließt die Beachtlichkeit eines den Beginn der Ausschlagungsfrist hemmenden Rechtsirrtums im Sinne des § 1944 Abs. 2 S. 1 BGB nicht aus.
- Setzt die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs die Ausschlagung voraus, beginnt die Verjährung grundsätzlich nicht erst mit der Ausschlagung, sondern mit dem Erbfall. Die entsprechende Hemmung des Beginns der Verjährungsfrist ist jedoch in Fällen, in denen sich der Pflichtteilsanspruch erst aus einer nach der Ausräumung eines beachtlichen Irrtums über den Berufungsgrund erfolgten Ausschlagung ergibt, anerkannt.
LG Wuppertal, Urteil vom 06.01.2023, Leitsatz – 2 O 298/19