Zur Frage der Legitimationswirkung einer transmortalen Vollmacht

1. Die Legitimationswirkung einer transmortalen Vollmacht für Verfügungen, die der Bevollmächtigte nach dem Tod des als Eigentümer eingetragenen Vollmachtgebers vornimmt, entfällt nicht dadurch, dass der Bevollmächtigte dessen Alleinerbe geworden sein kann.

2. Das Grundbuchamt darf beim grundbuchlichen Vollzug einer Eigentumsübertragung, die der transmortal Bevollmächtigte unter Berufung auf seine Vollmacht vornimmt, dessen Erbenstellung vielmehr nur dann berücksichtigen, wenn sie in der Form des § 35 GBO nachgewiesen ist.

OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.03.2024, Leitsatz – 15 Wx 2176/23

Zur Frage der Vergütung einer Nachlasspflegschaft

1. Eine nachträgliche Feststellung dahingehend, dass der Nachlasspfleger die Pflegschaft berufsmäßig führt, ist jedenfalls im Vergütungsverfahren nicht möglich.

2. Ist die Feststellung der Berufsmäßigkeit der Führung der Nachlasspflegschaft unterblieben, ist die Vergütung des Nachlasspflegers nach Ermessen des Gerichts unter Berücksichtigung des Umfangs und der Schwierigkeit sowie des – ggf. nur geschätzten – angefallenen Zeitaufwands zu bemessen.

3. Als Anhaltspunkt für eine angemessene Bemessung des Stundensatzes können in diesen Fällen die Sätze des § 3 VBVG dienen.

OLG München, Beschluss vom 30.01.2024, Leitsatz – 33 Wx 152/23

Zu den Anforderungen an eine Abhilfeentscheidung durch das Nachlassgericht

1. Will das Nachlassgericht aus der Zuwendung eines Einzelgegenstands eine Erbeinsetzung herleiten, muss es die Wertverhältnisse der einzelnen Gegenstände des Erblasservermögens im Errichtungszeitpunkt feststellen.

2. Ob die in einem Erbvertrag enthaltenen Verfügungen vertragsmäßig oder einseitig getroffen sind, bestimmt sich nach dem Erblasserwillen und ist gegebenenfalls im Wege der Auslegung zu klären.

3. Hinter der Anordnung einer Pflichtteilsstrafklausel kann sich eine Erbeinsetzung für den zweiten Erbfall verbergen.

OLG München, Beschluss vom 29.02.2024, Leitsatz – 33 Wx 309/23

Erteilung einer Bescheinigung über die Annahme des Testamentsvollstreckeramts

Die Erteilung einer Bestätigung über die Annahme des Amts als Testamentsvollstrecker erfolgt ohne sachliche Prüfung der Voraussetzungen für die Annahme. Vielmehr wird die Bescheinigung als reine Eingangsbestätigung oder Niederschrift über die
Amtsannahmeerklärung des Testamentsvollstreckers ausgestellt

OLG Köln, Beschluss vom 12.05.2023, Leitsatz – 2 Wx 65/23

Erbeinsetzung einer noch zu gründenden nicht rechtsfähigen Stiftung; Eintragung eines Treuhänders ins Grundbuch

1. Bei der Erbeinsetzung einer unselbstständigen Stiftung wird deren Rechtsträger Erbe und ist daher ins Grundbuch als Eigentümer einzutragen.

2. Ein Treuhänder kann als Berechtigter nur ins Grundbuch eingetragen werden, wenn er nach außen hin die volle Rechtsstellung des Berechtigten hat, nach dem Willen aller Beteiligten mithin ein echtes Treuhandverhältnis mit Übertragung des Eigentums oder Einräumung des Grundstücksrechts auf ihn gegeben ist.

OLG Köln, Beschluss vom 11.12.2023, Leitsatz – 2 Wx 203/23

Berechtigung eines Sozialhilfeträgers zur Beantragung eines Erbscheins; § 102 SGB XII, § 792 ZPO, § 352 FamFG

Allein die darlehensweise Gewährung von Sozialhilfe berechtigt die Leistungsbehörde nicht, im Rahmen des § 102 SGB XII die Erteilung eines Erbscheins für den Erben des Leistungsempfängers zu beantragen. Vielmehr sind die Ansprüche gegen den Erben durch einen eigenständigen Leistungsbescheid geltend zu machen, wobei dieser Bescheid den Vollstreckungstitel gegen den Erben bildet, ohne dass es zur Vollstreckung noch eines Erbscheins bedarf.

OLG Köln, Beschluss vom 15.12.2023, Leitsatz – 2 Wx 212/23

Erbscheinserteilungsverfahren: Zur Kostentragung bei Bestreiten der Urheberschaft des Erblassers für das Testament

1. In Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die ausschließlich auf Antrag eingeleitet werden, gilt nach § 22 Abs. 1 GNotKG der auch sonst maßgebliche Grundsatz, dass der Veranlasser des Verfahrens für die Kosten haftet.

2. Auch bei der Kostentragungspflicht gemäß § 81 FamFG ist diese Wertung des § 22 GNotKG zu berücksichtigen.

3. Soweit sich ein Einwendungsführer ohne einen eigenen Antrag auf die Darstellung Zweifel an der Echtheit des Testaments begründender objektiver Umstände beschränkt, wird es nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht kommen, ihm die Kosten eines Schriftgutachtens aufzuerlegen. Hierfür spricht auch die aus dem Amtsermittlungsgrundsatz folgende umfassende gerichtliche Aufklärungspflicht.

OLG Bamberg, Beschluss vom 10.01.2022, Leitsatz – 2 W 30/21

Zur Vorlage eines Erbscheins bei Konkurrenz zwischen einem öffentlichen Testament und einer später errichteten privatschriftlichen Verfügung von Todes wegen

1. Liegt neben dem öffentlichen Testament ein eigenhändiges Testament vor, so bleibt es bei der Regel des § 35 Abs. 1 S. 1 GBO, sofern die Erbfolge nicht mehr ausschließlich auf dem öffentlichen Testament, sondern (auch) auf dem privatschriftlichen Testament beruht. Existiert neben dem öffentlichen Testament ein späteres privatschriftliches Testament, ist – auch wenn kein Widerruf gem. §§ 2254-2256 BGB vorliegt – insbesondere § 2558 BGB zu beachten, demzufolge ein früheres Testament insoweit aufgehoben wird, als das spätere Testament mit dem früheren in Widerspruch steht. Andere Beschwerungen mit Bezug zur Erbeinsetzung (etwa Nacherbfolge, Testamentsvollstreckung) können ebenfalls die Erbfolge beeinträchtigen.

2. Bei Konkurrenz zwischen einem öffentlichen Testament und einer später errichteten privatschriftlichen Verfügung von Todes wegen kann das Grundbuchamt daher regelmäßig bereits dann auf der Vorlage eines Erbscheins bestehen, wenn das eigenhändige Testament nicht offenbar ungültig, widerrufen oder für die Erbfolge bedeutungslos ist.

3. Eine, in einem späteren privatschriftlichen Testament eingefügte Verwirkungsklausel führt zum Verlust des Erbrechts für denjenigen oder diejenigen Erben, die gegen die sanktionsbewehrte Verhaltensanordnung verstoßen. Die nachträgliche Einfügung einer solchen auflösenden Bedingung ist damit für die Erbfolge von Bedeutung.

OLG Schleswig, Beschluss vom 30.12.2022, Leitsatz – 2 Wx 29/22

Zur Identifizierung der im Testament bedachten Person bei bloßer Beschreibung

1. Bei einem Erbscheinsantrag genügt insbesondere die bloße Vorlage einer Verfügung von Todes wegen nicht, wenn testamentarisch bedachte Personen lediglich über Beschreibungen, z.B. über die Bezeichnung als „Sohn“, und daher nur unter Berücksichtigung weiterer Umstände identifiziert werden können. In einem solchen Fall kann daher auch der gewillkürte Erbe zur Vorlage einer Abstammungsurkunde verpflichtet sein.

2.Steht die Identität des Erben aufgrund der Angaben von Namen und Geburtsdatum des Erben im Testament fest, kommt es auf die Angabe „mein Sohn“ nicht mehr an.

OLG Köln, Beschluss vom 14.09.2022, Leitsatz – 2 Wx 190/22

Zur Wechselbezüglichkeit von Verfügungen im gemeinschaftlichen Testament bei kinderlos gebliebenen Ehegatten

1. Es ist immer eine durch Auslegung der letztwilligen Verfügung im konkreten Einzelfall zu beantwortende Frage, ob eine Schlusserbeneinsetzung bei kinderlos verstorbenen Eheleuten wechselbezüglich ist oder nicht.

2. Enthält ein gemeinschaftliches Testament keine klare und eindeutige Anordnung der Wechselbezüglichkeit, muss nach den allgemeinen Auslegungsgrundsätzen (§§ 133, 2084 BGB) und für jede Verfügung gesondert ermittelt werden, ob sie wechselbezüglich ist oder nicht. Führt die Ermittlung des Erblasserwillens weder zur gegenseitigen Abhängigkeit noch zur gegenseitigen Unabhängigkeit der beidseitigen Verfügung, ist gemäß § 2270 Abs. 2 BGB im Zweifel Wechselbezüglichkeit anzunehmen, wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahe steht.

3. Dass die Verwandten eines Ehegatten testamentarisch mit einer signifikant höheren Erbquote als die Verwandte des anderen Ehegatten bedacht worden sind, ist für die Frage einer Wechselbezüglichkeit der letztwilligen Verfügung zur Schlusserbfolge ohne Bedeutung.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.04.2022, Leitsatz – 3 Wx 82/21

§ 2227 BGB: Zum Fehlverhalten eines Testamentsvollstreckers

1. Handlungen, die ein Bevollmächtigter unter Ausnutzung der Generalvollmacht zur Verwaltung oder Auseinandersetzung des Nachlasses vornimmt, können im Rahmen des § 2227 BGB berücksichtigt werden. Eine grobe Pflichtverletzung bei der Verwaltung oder Auseinandersetzung des Nachlasses ist nicht deshalb weniger schwerwiegend, weil der Testamentsvollstrecker zugleich Generalbevollmächtigter ist.

2. Enthält eine Generalvollmacht Vorgaben zur Nachlassverwaltung oder Nachlassauseinandersetzung, muss die Einhaltung dieser Vorgaben bei der Beurteilung möglicher Entlassungsgründe des Testamentsvollstreckers mit einbezogen werden.

3. Misstrauen in die ordnungsgemäße Amtsführung des Testamentsvollstreckers können durch die Reklamation von haltlosen Forderungen oder pauschal abgerechneten unbegründet hohen Testamentsvollstreckerleistungen erfolgen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 12.08.2022, Leitsatz – 3 Wx 71/22

Zum Erstattungsanspruch für Beerdigungskosten gegen einen Miterben, der Sozialhilfeempfänger ist

1. Aufwendungen, die zur Beisetzung eines Verstorbenen für erforderlich gehalten werden können, sind im Rahmen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag ersatzfähig.

2. Der Kläger hat mit der Ausrichtung der Beerdigung ein eigenes und zugleich ein Geschäft seiner Schwester (auch fremdes Geschäft) geführt. Dass die Beklagte möglicherweise nicht einverstanden war, ist unerheblich, da die Bestattungspflicht eine öffentlich-rechtliche Pflicht ist. An der unverzüglich (§ 37 BestattG BW) erfolgenden Bestattung des Verstorbenen bestand ein dringendes öffentliches Interesse.

LG Heilbronn, Urteil vom 16.01.2023, Leitsatz – Ad 7 S 1/22

Zur Prüfung der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers

1. Die von Amts wegen gebotene Prüfung der Verfügungsbefugnis des Testamentsvollstreckers erstreckt sich bei der zu eigenen Gunsten bewilligten Auflassungsvormerkung auch auf seine Berechtigung zur Vornahme eines solchen Insichgeschäfts, wobei deren Fehlen im Zweifel zur Unwirksamkeit der Bewilligung auch hinsichtlich der übrigen Miterwerber führt.

2. Eine Befreiung des Testamentsvollstreckers vom Verbot des Selbstkontrahierens setzt voraus, dass das Insichgeschäft dem Gebot ordnungsmäßiger Verwaltung des Nachlasses entspricht; daran fehlt es, wenn die bewilligte Auflassungsvormerkung der Absicherung einer freihändigen Veräußerung u.a. an den Testamentsvollstrecker als Miterben dienen soll, dahingehende Anordnungen durch den Erblasser nicht getroffen wurden und eine angemessene Beteiligung der anderen Miterben nicht feststeht.

3. Die Bewilligung einer Grundschuld zugunsten eines Kreditinstituts durch den Testamentsvollstrecker ist kein entgeltliches Geschäft, wenn nicht sichergestellt erscheint, dass die besicherte Darlehenssumme in voller Höhe dem Nachlass zugeführt werden wird.

OLG Saarland, Beschluss vom 17.01.2023, Leitsatz – 5 W 98/22

Kostentragung für notarielles Nachlassverzeichnis bei möglicherweise dürftigem Nachlass

1. Die Kosten der Erstellung des notariellen Nachlassverzeichnisses fallen grundsätzlich dem Nachlass zur Last; etwas anderes – also Kostentagungspflicht des Auskunftsberechtigten – gilt hingegen bei Dürftigkeit des Nachlasses, wobei den Nachweis der Dürftigkeit hierbei der Erbe zu führen hat.

2. Dieser Dürftigkeitsnachweis ist nicht erbracht, wenn der Auskunftspflichtige zum Nachlass zählende (Darlehens-) Rückzahlungsansprüche darlegt und es dem Erben nicht gelingt, deren Erfüllung darzulegen und zu beweisen.

OLG Koblenz, Urteil vom 06.02.2023, Leitsatz – 12 U 2099/21