Vollstreckung einer Verurteilung zur Aufnahme eines notariellen Verzeichnisses

  1. Die Verpflichtung, durch ein notarielles Verzeichnis Auskunft über den Bestand des Nachlasses zu erteilen, ist insgesamt durch die Festsetzung von Zwangsgeld bzw.
    Zwangshaft gemäß § 888 ZPO zu vollstrecken. Sie kann nicht in die gemäß § 887 ZPO zu vollstreckende Auftragserteilung an den Notar und die gemäß § 888 ZPO zu vollstreckende Mitwirkung bei der Aufnahme des Verzeichnisses aufgespalten werden.
  2. Hängt die vorzunehmende Handlung nicht nur vom Willen des Schuldners, sondern auch von der Bereitschaft eines Dritten ab, obliegt es dem Schuldner, dessen Handlung mit der gebotenen Intensität einzufordern und die ihm zustehenden tatsächlichen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, den Dritten zu einer Mitwirkung zu bewegen. Dazu gehört auch eine Beschwerde gemäß § 15 Abs. 2 BNotO, wenn der Notar sich entgegen § 15 Abs. 1 BNotO weigert, ein Nachlassverzeichnis zu erstellen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31.10.2016 –  I-7 W 67/16

Ersuchen an das Nachlassgericht zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers

Trifft ein Erblasser in einem notariellen Testament die Anordnung einer Testamentsvollstreckung und formuliert sodann: „Die Bestimmung des Testamentsvollstreckers erfolgt gesondert privatschriftlich.“, so liegt hierin kein Ersuchen an das Nachlassgericht zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers gemäß § 2200 BGB.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 20. September 2016 – 20 W 158/16

Wirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testaments bei nicht datierter Unterzeichnung eines der Ehegatten

Ein Ehegattentestament ist auch dann wirksam, wenn einer der Ehegatten das Testament geschrieben und der andere Ehegatte das Testament ausschließlich undatiert unterschrieben hat. Ausreichend ist, dass aus dem Text heraus ersichtlich ist, dass es sich um eine gemeinsame Erklärung der Ehegatten handelt, von der jeder der beiden Ehegatten sowohl im Zeitpunkt der Errichtung als auch im Zeitpunkt der Unterzeichnung Kenntnis hat und beide Ehegatten diese Verfügung auch treffen wollen.

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 3. Januar 2017 – 3 Wx 55/16

Zur Bestimmtheit einer Alleinerbenanordnung

Verfügen die Erblasser in einem gemeinsamen handschriftlichen Testament, dass „derjenige, der den zuletzt verstorbenen Ehegatten begleitet und gepflegt hat“
Alleinerbe sein soll, so liegt hierin mangels hinreichender Bestimmtheit keine wirksame Erbeinsetzung des Erblassers.

OLG Köln, Beschluss vom 14. November 2016 — 2 Wx 536/16

Konkurrenzverhältnis zwischen einem öffentlichen Testament und einer später errichteten eigenhändigen Verfügung von Todes wegen

1. Zur Grundbuchberichtigung im Erbfall, wenn Konkurrenz zwischen einem öffentlichen Testament und einer später errichteten eigenhändigen Verfügung von Todes wegen besteht.

2. Berechtigte tatsächliche Zweifel an der Testierfähigkeit des Erblassers rechtfertigen das Verlangen des Grundbuchamts, einen Erbschein vorzulegen.

OLG München, Beschl. v. 07.03.2016 – 34 Wx 32/16
§§ 18 Abs. 1, 22, 35 Abs. 1, 72, 73 GBO; §§ 2087, 2229 Abs. 4, 2247 Abs. 1-3 BGB

Grundbuchberichtigung nach Tod eines BGB-Gesellschafters

Für die Grundbuchberichtigung nach dem Tod eines im Grundbuch eingetragenen GbR-Gesellschafters bedarf es keiner Vorlage des Gesellschaftsvertrags, wenn die Erbfolge in der Form des § 35 GBO nachgewiesen ist und sowohl die Erben als auch
die weiteren im Grundbuch eingetragenen Gesellschafter die Berichtigung gemäß §§ 19, 29 Abs. 1 Satz 1 GBO bewilligen.

KG, Beschluss vom 29.03.2016 – 1 W 907/15
§§ 19, 22 Abs. 1 Satz 1, 727, 1922 Abs. 1 BGB

Fehlende Wechselbezüglichkeit der jeweiligen Berufung des Ehepartners zum Alleinerben im gemeinschaftlichen Testament zu einer rund zwei Jahre später gemeinsam getroffenen Schlusserbeneinsetzung

1. Werden Verfügungen in zwei zeitlich nacheinander errichteten gemeinschaftlichen Testamenten aufgenommen, kann eine Wechselbezüglichkeit nur bei Vorliegen qualifizierter Voraussetzungen bejaht werden. Die Ehegatten müssen dazu nicht nur den Willen zur Zusammenfassung beider Testamente zum Ausdruck bringen, sondern zusätzlich hinsichtlich der früheren und der späteren Verfügung jeweils deutlich machen, dass auch inhaltlich von einem Abhängigkeitsverhältnis auszugehen ist und die frühere Verfügung entsprechend modifiziert werden soll.

2. Indiziell gegen eine Wechselbezüglichkeit spricht, wenn die beiden Verfügungen zeitlich deutlich auseinanderliegen und räumlich nicht miteinander verbunden sind. Auch eine entsprechende Willensbekundung des Längerlebenden nach dem Tod des Erstversterbenden kann für die Auslegung von Bedeutung sein.

OLG Schleswig, Beschluss vom 11.01.2016 – 3 Wx 95/15
§§ 133, 2084, 2270 BGB; § 81 FamFG

Der Zugangsanspruch der Erben zum Benutzerkonto des Erblassers in sozialen Netzwerken

Beim Tod des Kontoinhabers eines sozialen Netzwerks geht der Nutzungsvertrag grundsätzlich nach § 1922 BGB auf dessen Erben über. Dem Zugang zu
dem Benutzerkonto und den darin vorgehaltenen Kommunikationsinhalten
stehen weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Erblassers noch das
Fernmeldegeheimnis oder das Datenschutzrecht entgegen.

BGH, Urteil vom 12. Juli 2018 – III ZR 183/17
BGB § 1922 Abs. 1; § 307 Abs. 1 und 2 Cl; TKG § 88; DS-GVO Art. 6 Abs. 1

Der Entscheidung des Bundesgerichtshofs waren widersprüchliche Entscheidungen des Landgerichts Berlin und des Kammergerichts vorangegangen.

Pflicht des Erben zur Prüfung der Kontoauszüge des Erblassers der letzten 10 Jahre

1. Besteht der Verdacht, dass ein Erblasser im maßgeblichen Zehn-Jahres-Zeitraum Zuwendungen von seinem Bankkonto oder seinem Depot schenkungsweise an Dritte erbracht hat, so ist der Erbe verpflichtet, von seinem Auskunftsrecht gegenüber der Bank Gebrauch zu machen, um eventuelle Zuwendungsempfänger zu ermitteln.

2. Zu den vom Erben anzustellenden Ermittlungen gehört insbesondere auch die Einsichtnahme in die (vollständigen) Kontoauszüge, Sparbücher oder vergleichbare Bankunterlagen für einen Zehn-Jahres-Zeitraum und die Zusammenstellung der einen bestimmten Betrag übersteigenden Verfügungen über die ermittelten Konten, soweit diesen Schenkungen oder sonstige Zuwendungen zugrunde liegen (könnten).

3. Aufwandsentschädigungen der Banken in Höhe von insgesamt 1.500,00 € sind angesichts des in Rede stehenden Zehn-Jahres- Zeitraums nicht unverhältnismäßig.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 26. Januar 2016 – 19 W 78/15

Anrechnung einer Erbschaft als Einkommen bei Sozialhilfe nach SGB II

1. Bei der Anrechnung von Einkommen aus einer während des laufenden SGB II Leistungsbezugs angefallenen Erbschaft sind die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben abzusetzen. Hierzu zählen auch die vom Leistungsempfänger getragenen Beerdigungskosten (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB II in Verbindung mit § 1968 BGB).

2. Bei einmaligem Einkommen beginnt der Verteilzeitraum gem. § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB II auch dann am ersten Tag des auf den Einkommenszufluss folgenden Monats, wenn der Einkommenszufluss dem SGB II Leistungsträger erst so spät bekannt wird, dass eine Berücksichtigung auch im Folgemonat nicht mehr möglich ist (entgegen LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.06.2014 – L 2 AS 2373/13 Revision anhängig beim BSG – B 4 AS 32/14 R).

3. Führt die Anrechnung von einmaligem Einkommen zum Wegfall der Hilfebedürftigkeit für den gesamten Verteilzeitraum, sind etwaige nach Ablauf des Verteilzeitraums noch vorhandene finanzielle Mittel für den sich anschließenden neuen Leistungsfall nicht mehr als Einkommen, sondern als Vermögen zu berücksichtigen.

4. Beruft sich ein Antragsteller nach Zufluss von einmaligem Einkommen (hier: Erbschaft) auf fehlende sog. „bereite Mittel“, trägt er selbst die Darlegungs- und Beweislast für den Verbleib bzw. Verbrauch des Einkommens.

5. Die Verwendung eines Teilbetrags von 5.800 € aus einer während des laufenden SGB II Leistungsbezugs angefallenen Erbschaft für die Anschaffung von mehreren hundert Blu-Ray Filmen bietet Anlass zur Prüfung eines Schadensersatzanspruchs
nach § 34 SGB II.

6. Es wird offengelassen, ob der Rechtsauffassung zu folgen ist, wonach die Rechtsprechung des BSG zur Hilfebedürftigkeit wegen fehlender „bereiter Mittel“ für die seit 01.04,2011 geltende Neufassung des § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II nicht mehr maßgeblich sein soll (vgl. hierzu: LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 03.0 2.2014 – L 15 AS 437/13 B).

7. Der im PKH Recht geltende allgemeine Vermögensfreibetrag nach § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII beträgt 2,600 €.

LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 09.02.2015 – L 11 AS 1352/14 B ER
§§ 9, 11 Abs. 3, 11b, 34 SGB II; § 115 ZPO; §§ 73a, 86b SGG

Grundsätzliche Nichtigkeit der letztwilligen Verfügung bei Anfechtung nach § 2079 Satz 1 BGB

Die nach § 2079 Satz 1 BGB wirksam erklärte Anfechtung hat grundsätzlich die Nichtigkeit der gesamten letztwilligen Verfügung zur Folge; einzelne Verfügungen bleiben nur dann wirksam, wenn nach § 2079 Satz 2 BGB positiv feststellbar ist, dass sie der Erblasser so auch getroffen hätte, falls er zum Zeitpunkt der Errichtung der letztwilligen Verfügung Kenntnis von dem weiteren Pflichtteilsberechtigten gehabt hätte.

OLG Schleswig, Beschluss vom 07.12.2015 – 3 Wx 108/15
§ 2079 Satz 1 und 2 BGB

Verpflichtung des Erben zur Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses bei notleidenden Nachlässen

Reicht der Nachlass nicht aus, um die Kosten für ein notarielles Nachlassverzeichnis zu decken, so kann der Erbe die Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses verweigern. Er ist gemäß § 2314 Abs. 2 BGB nicht dazu verpflichtet, ein notarielles Nachlassverzeichnis auf eigene Kosten in Auftrag zu geben.

LG Amberg, Urteil vom 17. Dezember 2015 – 12 O 297/15

Bindung des Nachlassgerichts im Erbscheinsverfahren durch zivilgerichtliches Feststellungsurteil

Das Nachlassgericht ist im Erbscheinsverfahren durch ein zivilgerichtliches Feststellungsurteil durch dessen präjudizielle subjektive und objektive Rechtskraft in seiner Entscheidung gebunden. Hieraus folgt, dass alle Einwände eines in beiden Verfahren Beteiligten gegen die Wirksamkeit eines Testaments, die dieser vor Eintritt der formellen Rechtskraft hätte erheben können, auch im sich anschließenden Erbscheinsverfahren unberücksichtigt bleiben. Nur in dem Fall, dass das zivilgerichtliche Urteil in einem Restitutionsverfahren aufgehoben wurde, kann er mit diesen Einwänden gehört werden.

Oberlandesgericht München, Beschluss vom 8. März 2016 – 31 Wx 386/15

Ungültigkeit eines Testaments wegen nicht sicher feststellbarer Datierung in Bezug auf die Jahresangabe

Enthält ein Testament eine unklare Datierung, weil sich jedenfalls eine Jahresangabe nicht sicher feststellen lässt, findet § 2247 Abs. 5 BGB entsprechende Anwendung mit der Folge, dass das Testament nicht als gültig anzusehen ist, wenn möglich bleibt, dass es zeitlich vor einem weiteren Testament mit vollständigen Datumsangaben errichtet worden ist.

OLG Schleswig, Beschluss vom 16.07.2015 – 3 Wx 53/15
§ 2247 BGB

Mehr zur Errichtung eines eigenhändigen Testaments nach § 2247 BGB.