Grundbuchverfahren: Nachweis der Erbfolge durch notarielles Testament; Erforderlichkeit der Vorlage eines Erbscheins bei erhobenen Zweifeln an der Testierfähigkeit des Erblassers

Die bloße Behauptung, dass eine letztwillige Verfügung wegen Testierunfähigkeit oder infolge Anfechtung unwirksam sei, bildet regelmäßig keinen ausreichenden Grund, anstelle der öffentlichen Urkunde einen Erbschein zu verlangen (Anschluss an OLG München vom 31.10.2014 – 34 Wx 293/14).

OLG Oldenburg, Beschluss vom 27.10.2016 – 12 W 192/16 (GB)
§ 35 GBO

Zur Verjährung des Anspruchs aus § 2329 BGB bei gerichtlicher Feststellung der Vaterschaft

Der Anspruch gegen den Beschenkten aus § 2329 BGB verjährt auch dann in 3 Jahren von dem Eintritt des Erbfalls an, wenn erst nach Ablauf dieser Frist gerichtlich festgestellt wird, dass der Erblasser der Vater des Pflichtteilsberechtigten ist.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.12.2017-1-7 U 151/16
§§ 1600d, 2329, 2332 BGB

Ermittlungspflichten des Notars bei Erstellung eines notariellen Nachlassverzeichnisses

1. Die von § 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB vorgesehene notarielle Aufnahme des Nachlassverzeichnisses geht über eine bloße Beurkundungstätigkeit des Notars hinaus. Die Anforderungen sind nur dann erfüllt, wenn der Notar den Nachlassbestand selbst und eigenständig ermittelt und durch Bestätigung des Bestandsverzeichnisses als von ihm aufgenommen zum Ausdruck bringt, für den Inhalt verantwortlich zu sein.

2. Der Notar ist aber nicht verpflichtet, ohne konkrete Anhaltspunkte in alle Richtungen zu ermitteln. Vielmehr richten sich die Anforderungen an den zu verlangenden Ermittlungsumfang nach den konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls. Bei Vorlage von Nachweisen, die keine Anhaltspunkte für eine etwaige Fehlerhaftigkeit oder Lü¬ckenhaftigkeit ergeben, sind dem Notar weitere Nachforschungspflichten nicht aufzuerlegen.

3. In der Ausgestaltung des Ermittlungsverfahrens und der Niederlegung desselben in der Urkunde ist der Notar weitgehend frei.

4. Die Abfrage bei ortsnahen Bankinstituten ins Blaue hinein überspannt die Aufklärungspflichten des Notars.

OLG Dresden, Beschluss vom 27.07.2016 – 17 W 666/16
§ 2314 Abs. 1 Satz 3 BGB

Vertretung der Erben gegenüber dem Grundbuch aufgrund transmortaler Vollmacht

1. Aufgrund einer transmortalen Vollmacht kann der Bevollmächtigte auch nach dem Tod des Vollmachtgebers dessen Erben hinsichtlich des Nachlasses vertreten.

2. Eine Voreintragung der Erben ist weder für die Eintragung einer Auflassungsvormerkung noch einer Finanzierungsbelastung erforderlich, wenn die entsprechende Bewilligung auch für die Erben bindend geworden ist.

OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 27.06.2017 – 20 W 179/17
§§ 39, 40 GBO

Verzicht eines Ehegatten auf höheren Zugewinnausgleich als freigiebige Zuwendung

Der Verzicht eines Ehegatten auf einen höheren Zugewinnausgleichsanspruch im Rahmen der ehevertraglichen Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft kanneine freigiebige Zuwendung an den anderen Ehepartner im Sinne des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes sein.

FG Hessen, Urt. v. 15.12.2016-1 K 199/15
§§ 3 bis 7 ErbStG; §§ 1378, 1408 BGB

Gebühr für Negativattest

Für die Erteilung eines sogenannten Negativattests in Nachlasssachen kann eine Gebühr gemäß Nr. 1401 der Anlage zum JVKostG erhoben werden.
Der Negativtest ist die Auskunft des Nachlassgerichts, dass der Erbfall dort nicht bekannt ist. Die Gebühr beträgt hierfür 15 €.

OLG Oldenburg, Beschl. v. 31.08.2017 – 3 W 74/17
§ 4 Abs. 1 Anlage Nr. 1401 JVKostG; §§ 13, 357 FamFG

Eintragung einer Übertragung des Erbteils im Wege der Abschichtung

1. § 40 Abs. 1 GBO ist entsprechend anwendbar, wenn ein Miterbe seinen Erbteil auf das andere Mitglied der Erbengemeinschaft im Wege der Abschichtung überträgt.

2. Einer Voreintragung der Erbengemeinschaft im Grundbuch bedarf es nicht.

OLG Köln, Beschluss vom 22.11.2017 – 2 Wx 246/17
§§ 39, 40 GBO

Schadenersatzanspruch gegen den Testamentsvollstrecker

1. Eine objektive Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers ist nicht bereits deshalb zu bejahen, weil dieser zu seinen Gunsten den ihm seiner Ansicht nach zustehenden Auslagenersatz und die ihm seines Erachtens zustehende Vergütung ohne entsprechende Anordnung des Erblassers, eine mit der Erbengemeinschaft zuvor getroffene Vereinbarung oder vorherige rechtskräftige Feststellung durch ein Prozessgericht zu seinen Gunsten dem Nachlass entnommen hat.

2. Die Teilnahme an Begutachtungen betreffend den Verkehrswert von Nachlassgegenständen fällt in den Zuständigkeitsbereich des Testamentsvollstreckers, wenn dieser vom Erblasser mit der Aufteilung des Nachlasses beauftragt und für den Fall des fehlenden Einvernehmens vom Erblasser eine Begutachtung angeordnet wurde.

3. Die Auslegung eines Testaments kann ergeben, dass der Begriff „Hausrat“ im familienrechtlichen Sinne zu verstehen ist und damit auch ein Pkw dann als Haushaltsgegenstand angesehen werden kann, wenn er von den Ehegatten gemeinschaftlich zum Zwecke der Haushalts- und privaten Lebensführung benutzt wird.

4. Die Beweislast für eine Pflichtverletzung des Testamentsvollstreckers, dessen Verschulden und den Eintritt eines darauf beruhenden Schadens liegt bei demjenigen, der
den Testamentsvollstrecker auf Schadensersatz in Anspruch nimmt.

OLG München, Endurteil v. 15.11.2017 – 20 U 5006/16
§§ 195, 199, 271 Abs. 1, 273, 670, 1006, 2039, 2202, 2219 Abs. 1, 2218 Abs. 1, 2221 BGB; § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO; § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG

Ausweisung einer Ersatznacherbfolge im Erbschein bei vorheriger Übertragung des Nacherbenanwartschaftsrechts

Der Angabe der Nacherbschaft im Erbschein bedarf es nicht, wenn die durch sie bedingte Beschränkung des Vorerben gegenstandslos ist, weil der Vorerbe die Anwartschaft des
Nacherben durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat (Anschluss an Senat, Beschluss vom 11.06.1990 – 2 Wx 9/90).

OLG Köln, Beschl. v. 22.11.2017 – 2 Wx 219/17
§§ 2100, 2108 Abs. 2 BGB

Rechtsfolgen der Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Tod des Letztversterbenden bei einer erbvertraglichen Pflichtteilsstrafklausel

Enthält ein Erbvertrag eine Pflichtteilsstrafklausel mit eineraufschiebend bedingten Enterbung, so kann ein Pflichtteilsverlangen auf den Tod des Zuerststerbenden nur bis zum Tod des Letztversterbenden zum Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge führen.

OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.08.2017 – 8 W 336/15
§ 1938 BGB

Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Berichtigung oder Vervollständigung einer bereits erteilten Auskunft?

1. Im Rahmen des § 2314 BGB besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Berichtigung oder Vervollständigung einer seitens des Auskunftspflichtigen als abschließend angesehenen
Auflistung von Vermögensgegenständen, vielmehr ist der Auskunftsberechtigte auf den Weg der eidesstattlichen Versicherung zu verweisen. Ausnahmen kommen z.B. in Betracht, wenn der Verpflichtete rechtsirrig einen Vermögensgegenstand nicht dem Nachlass zugerechnet hat oder bestimmte Vermögensteile erkennbar noch nicht Gegenstand der Auskunft waren.

2. Eine (zeitraumbezogene) Rechnungslegungspflicht besteht im Rahmen des § 2314 BGB nicht. 3. Der auskunftspflichtige Erbe muss im Rahmen des § 2314 BGB dem Pflichtteilsberechtigten bei Vorliegen gewisser Anhaltspunkte für eine unentgeltliche Zuwendung die näheren Umstände der Zuwendung offenlegen, damit dieser prüfen kann, ob es sich dabei um eine Schenkung im Rechtssinne handelt; der Erbe darf die entsprechende rechtliche Würdigung nicht vorwegnehmen.

OLG Hamburg, Urt. v. 28.09.2016 – 2 U 29/15
§ 2314 BGB

Durchstreichungen in handschriftlichem Testament

1. Ist in einem handschriftlichen Testament die Passage über die Berufung zum einzigen eingesetzten Erben durchgestrichen, so kann dem ein Aufhebungswille des Erblassers
nicht, auch nicht im Sinne einer Vermutung, entnommen werden, solange nicht feststeht, dass der Erblasser (selbst) die Veränderung vorgenommen hat.

2. Soweit bei – unterstellter – Urheberschaft des Erblassers in Bezug auf die Streichung grundsätzlich eine Vermutung für einen entsprechenden Aufhebungswillen spricht, ist diese widerlegt, wenn sich (wie hier aus dem weiteren Inhalt des Testaments sowie Zeugenbekundungen) der Wille des Erblassers ergibt, dass der durch die Streichung nahe gelegte Widerruf der Verfügung bloß eine neue letztwillige Verfü¬gung mit der Bestimmung eines neuen Erben vorbereiten, bis zu deren Errichtung indes die alte fortgelten sollte.
3. Die Bindung des Erstgerichts (hier: Nachlassgericht) an eine Anweisung des Beschwerdegerichts besteht nicht bei geänderter Sach- und Rechtslage aufgrund – ggf. ermittelter (§ 26 FamFG) – neuer berücksichtigungsbedürftiger Tatsachen.

4. Zur Bejahung der Beschwerdeberechtigung des Rechtsmittelführers im Erbscheinsverfahren genügt regelmäßig bereits die Behauptung eines (ihm zu Unrecht versagten) Erbrechts und die Feststellung des Beschwerdegerichts, dass eine solche Beeinträchtigung möglich, jedenfalls aber nicht ausgeschlossen erscheint.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 29.09.2017 – I-3 Wx 63/16
§§ 2255, 2353, 2359 BGB; § 26 FamFG

Gebundensein des Nachlassgerichts an den Erbscheinsantrag

1. Auf einen Antrag, mit dem ein Erbrecht nur aufgrund einer letztwilligen Verfügung geltend gemacht wird, darf nicht ein Erbschein aufgrund gesetzlicher Erbfolge erteilt werden; dies gilt selbst dann, wenn der Erbe in beiden Fällen zu gleicher Quote berufen ist.

2. Zur Frage der alternativen Angabe des Berufungsgrundes im Rahmen eines (auch durch Auslegung ermittelbaren) Hilfsantrages.

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschl. v. 15.05.2017 – 3 Wx 45/16
§ 2353 BGB